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Brief an einen unbekannten Opa #Gastpost “Chaos2”

Ich kenne dich nicht Opa.

Ich habe eine Foto von dir gesehen. Facebook hat es in meine Timeline gespült. Du im Kreise deiner Familie. Deine Kinder, deine Enkelkinder, deine Frau und du. Demonstrativ fröhlich posiert ihr vor dem prachtvollen Weihnachtsbaum.
Eine Bilderbuch-Familie in der Pose des stets überschäumend gut gelaunten Teams der örtlichen Tanzschule. Du mittendrin. Das Bild zeigt nur die halbe Wahrheit.
Foto von Stocksnap
Dass keine Schwiegerkindern zu sehen sind, geschenkt. Irgendjemand muss ja auf den Auslöser drücken, wenn sich der Selfiestick als zu kurz und nicht Großfamilientauglich erweist. Doch es fehlen eben auch die Hälfte deiner Kinder und Enkelkinder. Siehst du die Lücken, die sie hinterlassen?

Wahrscheinlich nicht. Die meisten von ihnen kennst du ja nicht einmal. So wie meine drei kleinen Kinder. Sie würden dir gefallen.
Sie wissen nicht, dass du ihr Opa bist. Warum auch? Sie sind noch so klein, es fehlt ihnen nichts, sie vermissen nichts.

Fröhliche, hübsche und vorzeigbare Kinder. Ein niedliches blondes Zwillingspaar wie du es selber hattest und ein kleiner putziger Knubbel.


Es sind höfliche Kinder und bei Fremden immer wohlerzogen. Sie würden dir die Hand geben und „Hallo“ sagen. „Hallo, ich bin der Sonnenschein.“ „Hallo, ich bin die Prinzessin.“ „Wir sind Twillinglinge. Wir sind tweieiig. Das da ist Tümmel. Der war ganz annaneine in Mamas Bauch.“

Dieses krampfhafte Bemühen, der Kampf um die Fassade und dann nicht einmal den Arsch in der Hose den höflichen Gruß deiner verstoßenden Söhne zu erwidern.
Aber wie sieht das bei dir aus? Steckt hinter der aufgesetzten Fröhlichkeit für das Familienfoto manchmal doch ein Gedanke an die anderen? Siehst du die Lücken in deiner Familie, die du selbst gerissen hast? Ich weiß es nicht.

In meiner Welt bist du ungefähr so präsent, wie in der Wahrnehmung der Zwillinge.


Gar nicht.
Nur selten spült Facebook ein Lebenszeichen von dir in meine Timeline. Oder wir begegnen uns. Auf einer Trauerfeier (da kommen sie dann alle wieder zusammen). Und du tust mit leid. 

Vermisst du nichts?

Ich bin ein Familienmensch. Durch und durch. Seit zweieinhalb Jahren bin ich Mutter dreier wundervoller Kinder. Seit 34 Jahren bin ich Tochter liebender Eltern. Ich kann nicht glauben, dass dir nicht auch aufgefallen ist, dass dieses Foto nur Fassade ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du als Vater deine Söhne nicht vermisst.
Kerstin

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4 Comments

  • andrea-harmonika.de
    4. März 2016 at 08:38

    Ach Kerstin… ?❤

  • Nina
    4. März 2016 at 09:43

    Verstoßen ist mein Sohn nicht. Aber auch er hat keine rechte Beziehung mehr zu seinem Vater. In diesem Monat wird er 18. Jahre alt.Mich schmerzt es den Beiden dabei zuzusehen. Schon seit 15 Jahren schmerzt mich das, seitdem ich meinen Ex-Mann verlassen hat. Gekaspert und gehampelt habe ich, damit den Beiden genau das nicht passiert. Aber ändern konnte ich es leider nicht. Ich habe stets alles ermöglicht und scheinbar dadurch alles verhindert.Liebe GrüßeNina

  • Sophie
    4. März 2016 at 14:50

    Oh Mann, kenne ich auch. Aber für mich ist das OK so. Ich möchte mein Kind ohnehin am liebsten für immer vor Menschen beschützen, die es nicht gut mit anderen meinen. Traurig ist das immer, aber manchmal eben unausweichlich.

  • Sylvia
    4. März 2016 at 18:47

    Tut mir leid zu lesen, vor allem für deinen Mann, als Sohn verstoßen zu werden.

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