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Begegnungen im Dezember #Tagebuchblog

Die neue Frisur

Als ich den Sohn von der Schule abhole, liegt Schnee. In den Händen halte ich Kuchenbleche, der Advent will gefeiert werden. Mitten auf der Straße steht eine ältere Dame. Sie wirkt wie aus der Zeit gefallen, still steht sie inmitten von Matsch und Kälte und hält sich an ihrem Einkaufs Trolley fest. „Können sie mir helfen?“, fragt sie mich und ich gebe dem jüngsten Kind die Bleche und fasse die Dame leicht an der Schulter.

„Eigentlich sollte ich bei diesem Wetter daheimbleiben, aber ich habe doch schon ewig einen Friseurtermin heute. Mein Bekannter wünscht sich doch ein Foto von mir und heute ist der Tag der Tage.“ Ich hebe den leeren Trolley über die Bürgersteigkante und schlurfe langsam über den glatten Gehweg. 200 m sind es bis zum Friseur und während die Tochter tapfer die Bleche schwenkt, lenke ich die Frau fest Richtung Friseur „Kerstins Stübchen“. „Eigentlich sollte ich doch gar nicht raus…“ wiederholt sie und ich fühle, was sie meint. Sie erzählt von ihrem Leben als Lehrerin früher und vom Bekannten und dem Foto. Vor dem Laden angekommen hebe ich den Trolley die Stufe hinauf und öffne ihr die Tür. Die Kuchenbleche wandern zurück zu mir und wir winken. „Was für eine Frisur sich die Oma wohl machen lässt?“ fragt sich das Kind.

Begegnungen im Dezember, Geschichten aus Berlin
Im Buchladen

Vor Weihnachten zieht es mich in den Buchladen. Ich habe die Lektüre längst bestellt und stöbere noch ein wenig. „Weißt du, wo meine Mama ist?“, spricht mich ein kleines Mädchen an. In den Händen hält sie ein Prinzessinnenbuch. Wir schauen uns direkt in die Augen und ich sage „Nein, aber ich bin Anne und wir finden sie sicherlich gemeinsam.“ Ich strecke ihr meine Hand hin und ganz langsam gehen wir zum nächsten Infostand des mehrstöckigen Ladens. Die Buchhändlerinnen rennen hin und her, das Weihnachtsgeschäft ist in vollem Gange. Wir warten am Infopunkt, Hand in Hand. „Entschuldigen sie, die junge Dame Klara hat ihre Mama verloren und benötigt unsere Hilfe“, sage ich. Sofort zündet die Verkäuferin und spricht in ein Telefon. Klara erhält einen Sitzplatz und eine Durchsage. Kurz darauf kommt eine aufgeregte Frau um die Ecke gebogen. „Klara, ich habe dich schon gesucht“ und Klara freut sich und wir winken zum Abschied.

Das Pflaster

Im Penny stehe ich vor der Brötchentheke. Ich benutze die Zange für das Kartoffel-Zwiebel-Brot als eine ältere Frau sich einen Brotbeutel nehmen will. „Oh nein“, höre ich sie noch sagen, dann sehe ich Blut auf den Boden laufen. Sie hat sich an diesen Tüten geschnitten. Sie sucht panisch ein Taschentuch und ich einen Ort für mein Brot. Als ich die Zange und das Brot verstaut habe, gebe ich ihr noch ein frisches und kann sogar ein Pflaster aus meiner Tasche kramen. „Man sollte immer Pflaster dabeihaben“, sagt sie und ich fülle ihr noch ein paar Brötchen in eine Tüte ein. Immer eigene Pflaster und eigene Brötchentütchen, denk ich mir so.

Der Weihnachtsanruf

Mein Handy klingelt. Ich schreibe gerade Weihnachtspost. „Hallo Alu, hier ist Greta. Weißt du, wer ich bin?“ Ich sage nein und die ehemalige Kitamutter der Tochter erklärt sich. „Ich rufe an, weil ich dich gestern vom Arzt kommen sah. Du sahst so traurig aus und ich dachte mir nur, ich rufe mal an und frage nach, ob alles in Ordnung ist. Dein Blick ging mir nicht mehr aus dem Kopf“, und ich muss mich kurz setzen, weil der Anruf mich so direkt trifft. Seit der Krebserkrankung wollen die meisten Menschen eigentlich immer nur hören “Mir geht es wieder besser” und umso  mehr freue ich mich über die Worte „Ich wollte dir sagen, ich sehe dich und du kannst dich gern melden, wenn was ist“. Denn Krebs ist ein Arschloch und ja, das haut mich hier ab und zu echt aus den Socken. Also danke fürs aufmerksam sein, das hilft so vielen Menschen. Immer und immer wieder.
Alu

Wochenberliner: Der Taxifahrer

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2 Comments

  • Sari
    24. Dezember 2023 at 08:28

    So schöne und wertvolle Begegnungen…

  • Iris
    24. Dezember 2023 at 14:31

    <3

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