Ich sehe dich. Ich sehe dich Muschel. Zwischen all den anderen liegst du, lässt dich direkt zu mir spülen vom Sand. Ich hebe dich auf, ja genau dich Muschel, weil wir uns ähnlich sind.
Weißt du, ich bin auch ein bisschen kaputt, ein bisschen defekt, ein bisschen weniger perfekt zwischen all den anderen Muscheln in deinem und meinem Leben.
In dir prangt ein großes Loch kleine Muschel, man kann durch dich hindurch schauen und das Licht sehen. Wie schön du bist. Du bist eben anders, hast sicherlich schon Dinge erlebt, die dich kaputt machen wollten, aber du hast „nur“ ein Loch davongetragen, ein Loch inmitten deiner dünnen Schale.
Und du bist noch da! So wie ich, noch da! Du bist genug so wie du bist, du bist genau richtig, weißt du? Ein kostbares Gewebe inmitten der Wellen. Mir machst du eine Freude, als ich dich aufheben darf, als ich dich in meiner Handfläche spüren kann.
Ich halte dich gegen das Licht, blicke durch dich hindurch auf die weite See. Wir stehen zusammen am Meer und ich fühle mich verbunden. Weil man an manchen Tagen vielleicht auch durch mich hindurchgucken kann und an anderen Tagen jemand meine Löcher entdeckt, so wie ich deines.
Meine Zehen stehen in den Wellen und berühren viele andere Muscheln, sie streifen meine Füße und werden danach zurück ins Meer gespült. Ich bücke mich und hebe einige auf. Alle von ihnen haben abgestoßene Ecken oder kleine Risse.
Keine scheint perfekt hier angekommen und gleichzeitig doch total perfekt für mich und ich verstehe nun, jede Muschel hat ihren eigenen Weg, durch Steine, Sand und Meer hinter sich um dann hier zu landen.
Und alle sind sie genug und da, so wie ich und du und das Meer. Ich stecke dich in meine Tasche, ganz vorsichtig und nehme dich mit, denn du bist da und ich bin da und am Leben. Denn das wir sind und da sind, das ist perfekt und genug an diesem Morgen.
Alu
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