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Elternleben

Mir schwant so langsam, diese Welt ist nicht bedürfnisorientiert.

In dieser Woche war ich das erste Mal seit langer Zeit wieder auf einem Spielplatz und dort brüllten die Mütter und ignorierten die Väter die anwesenden Kinder. Plötzlich schwante mir etwas als ich da saß und dem kleinen Kind die Buddelschippe reichte und dem mittleren Kind beim Turnen zusah: Diese Welt ist nicht bedürfnisorientiert.

Die Familie im Zentrum? Ist dem so?

In dieser Woche war ich einkaufen in einem großen Center und hörte einer Familie zu die über ihr kleines Mädchen im Kinderwagen sprach “Hoffentlich wird sie keine kleine Zicke wie das Mädchen dahinten wa Ulla? Na dat kriegen wir schon raus aus ihr” und mir schwante erneut: Diese Welt ist nicht bedürfnisorientiert.

Was passiert innerhalb der Familie?

In dieser Woche war ich in einer Eisdiele mit dem Mittleren, der sich oftmals nur Sahne im Becher bestellt (zum Amüsement des Verkäufers), und sah ein Mädchen was rumschrie “Ich will, ich will” und die Mutter die sagte “Ist mir egal was du willst” und da war er schon wieder der Hinweis: Diese Welt ist nicht bedürfnisorientiert.

In dieser Woche las ich den traurigen Artikel bei Minimenschlein und ich bin mir nun eigentlich ganz sicher: Diese Welt ist nicht bedürfnisorientiert, sie funktioniert nicht wie im Internet beschrieben.

Können Bücher es richten?

Da ich weder immer einen Stapel Bücher mit mir herum führe, noch Pädagogin bin sage ich in diesen Momenten nichts. Manchmal da liegt es mir auf der Zunge zu sagen “Ich kenn das so gut, glauben sie mir”, oder “Jetzt leise zählen bis fünf und Luft holen”, aber ich schweige still.

Man könnte natürlich an alle Eltern jegliche Ratgeber bedürfnisorientierter Blogger*innen verschenken, vielleicht gleich zur Geburt, aber dann wäre des einen Bedürfnisorientierung nicht die des Anderen und dann wären die Spielplatzdebatten vielleicht literarisch untermauerter, aber auch nicht wirklich zufriedenstellender für alle Beteiligten, oder?!

Lesen bildet und regt zum Nachdenken an.

Ich schaue also in meine Lesegewohnheiten die ich wohl klar in “Versucht mit Kindern zu überleben” “Versucht die Welt für Kinder zu verbessern”, “Hat nix mit Kindern am Hut” und “liebevolle Erziehung” unterteilen kann und plötzlich frage ich mich wessen Anspruch versuchen wir zu erfüllen? Was wollen wir für uns und unsere Kinder? Ziehen wir an den Kindern um eine bessere Welt zu machen, oder ziehen wir für unser Selbstwertgefühl die Kinder in einige Richtungen?

Das Internet lügt

Das Internet, mein Internet schwindelt. Überall wird geliebt, gebacken und gelobt aber da draußen auf den rauen Straßen der Wirklichkeit, da wird geschrien statt geflüstert, da wird gezerrt statt gestreichelt, da wird gemobbt statt gestützt. Wessen Bedürfnis steht da wohl gerade immer im Vordergrund?

Der Blick über den Tellerand

Ich schaue über den Tellerrand und weiß, dass ich nicht nichts weiß. Menschen sind so unterschiedlich offline und online, die meisten lesen nicht, leben nicht in meiner Bubble und irgendein Bedürfnis wird sicherlich auch in all diesen Momenten im Vordergrund gestanden haben, vielleicht das des Vaters auf dem Spielplatz, oder das der Mutter an der Eisdiele?

Wer bin ich, dass ich urteilen darf aus einem Moment heraus in denen ich die Eltern der Kinder vielleicht so erlebt habe, wie sie mich beim Wocheneinkauf mit drei quengelnden Kindern an der Supermarktkasse?

 

“Früher war alles besser”,sagt Oma manchmal. Ich sage:

Früher war weniger schauen nach links und rechts

Wessen Bedürfnis auch immer im Vordergrund stand in all diesen geschilderten Momenten, ob das der kleinsten Person, oder der größten Person. Diese Welt ist nicht bedürfnisorientiert für alle Seiten so schwant mir  langsam und vielleicht ist der Blick über den Tellerrand ab und zu ganz heilsam um nicht selbst dem Druck zu verfallen einem vorgegaukelten Idealbild im Internet hinterher zu laufen.

Alu

 

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11 Comments

  • Jessica Stock
    4. Juli 2017 at 09:42

    Die Welt ist nicht bedürfnisserientiert.

    Aber es liegt an jedem einzelnen in seiner Familie damit zu beginnen.

  • Leonie
    4. Juli 2017 at 13:47

    Krasser Text. Und gut geschrieben Alu! Ich glaube dass es diese Bedürfnisorientierte Welt gibt. Diese Menschen, die das schaffen, es jeden Tag zu leben. Und ich bewundere das. Ich schreie meine Kinder nie an, aber immer gelingt es mir nicht, alles Bedürfnisorientiert zu gestalten. Ich glaube, tatsächlich macht jeder das, was seine Möglichkeiten hergeben. Bei vielen ist das nicht Bedürfnisorientiert, aber bei manchen bestimmt.

  • Dr.Mama.Arbeitstier
    4. Juli 2017 at 16:10

    Du hast Recht, leider. Diese Welt eird primär den Bedürfnissen der Erwachsenen gerecht. Kids sollen sich anpassen. Punkt. Das hab ich auch erlebt, als die Turnstunde nach hinten verlegt wurde. Alle Eltern: “super, weniger Stress”. Ich: “Oje, da sind die Kids müde”. Alle irritiert…
    Liebe Grüsse aus dem rauen Wien,
    Irene

  • Anja
    4. Juli 2017 at 19:31

    Sehr schöner, nachdenklicher Text.

  • Lira
    4. Juli 2017 at 22:39

    Ich versuche mich schon lange abzugrenzen wenn ich diese kleinen und großen gemeinheiten erlebe. Aber leider ist es so das meine Schwester oft super hart und fies mit ihren Kids ist und ich es kaum ertragen kann. Das macht mich echt fertig.

  • Jana
    6. Juli 2017 at 20:38

    Ich hab noch keine Worte für die Wirkung deines Beitrags auf mich. Trotzdem lasse ich ein dankendes Kommentar hier für diesen Klatext!

    Ich schaue links und rechts. Ich biete Hilfe an. Und orientiere mich dabei am meisten an meinem Bedürfnis…

    Nachdenklich, Jana

  • Alu und Konsti
    7. Juli 2017 at 20:06

    Vielleicht hast du ja bald dazu ein paar Gedanken, schick sie mir gern. lg Alu

  • Wiebke
    19. April 2018 at 09:20

    Ich bin gerade über Pinterest bei dir gelandet. Auf gerade diesem Artikel. Manchmal ist das Internet mir doch unheimlich ? wo ich mich doch schon lange Frage, wie genau ist das gemeint mit dem bedürfnisorientiert? Nur fürs Kind? Für mich? Für uns? Das Bedürfnis der Familie habe ich dann irgendwann für mich festgelegt. Und das klappt meißtens ganz gut. Dabei hilft es tatsächlich nach links und rechts zu gucken und irgendwie Ruhe in diese hektische Welt zu bringen. Manchmal hilft uns hier …”just wave anderen Smile” oder wie sagt man ?✌?? ich lese mich jetzt hier mal durch. Schön bei euch!
    Grüße aus Köln.
    Wiebke

  • Alu und Konsti
    20. April 2018 at 21:41

    Viel Spaß beim Lesen und wir deuteln hier immer noch rum wer nun dran ist. lg Alu

  • Sarah
    6. Juli 2021 at 12:17

    Ich frage mich, was dir diese Erkenntnis bringt. Reicht es nicht, es bei den eigenen Kindern so gut zu machen, wie man kann und damit 1. Kinder zu begleiten, die später mal keinen Psychologen brauchen und 2. Andere mit deinem Beispiel zum nachdenken anzuregen?
    Eine Freundin von mir erzieht bedürfnis orientiert und ich habe das im Anfang sehr verurteilt, weil das mit den Glaubenssätzen aus meiner eigenen Erziehung kollidiert ist. Verurteilen ist einfach. Doch hat mich ihr Beispiel angeregt, mich mehr mit dem Thema auseinander zu setzen. Ich erwarte mein erstes Kind und ich möchte so gut es geht auf die Bedürfnisse meiner Tochter eingehen.

    Wie sehr dass mit meiner eigenen Kindheit im Kontrast steht, hat mir folgende Aussage meines Vaters aufgezeigt: das schwerste ist es, sein Kind auch mal schreien zu lassen.
    Ich habe ihm geantwortet, dass ich mein Kind ganz sicher nicht schreien lassen werde. Ich möchte die kleinen Wunden aus meiner Kindheit nicht an meine Tochter weitergeben. Und ich denke, das alleine zählt und nicht dass es mir alle gleich tun. Gesellschaftlicher Wandel ist immer langsam. Doch je mehr gute Beispiele zu sehen sind, desto bedürfnisorientierter wird unsere Welt. Stück für Stück.

  • Anne
    20. Juli 2022 at 23:10

    Es ist immer schwer abzugrenzen, welches Bedürfnis nun ” wichtiger” ist. Das des Kindes, das des Elternteils? Wie soll ein Kind lernen, dass auch andere Menschen oder generell Lebewesen Bedürfnisse haben, die nicht immer mit den eigenen zusammenpassen?
    Wie soll ein Kind zum Aus- und Durchhalten angeregt und angeleitet werden, wenn es mit unangenehmen Situationen nicht konfrontiert wird, da es natürlicherweise diese meiden möchte?
    Kein Kind wäre auf der Welt, wenn die Mutter nicht den Geburtsschmerz aushielte.
    Kein Kind wäre liebevoll umsorgt, wenn die Mutter ihr Bedürfnis nach Schlaf oder anderen Dingen zurückstellen könnte…
    Wahrscheinlich ist es wieder einmal eine Frage des Maßes.

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