Meine Katze Penny ist tot. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches und passiert vielen Menschen, so ist der Lauf der Dinge, hört man. Für mich ist es trotzdem ein Drama, denn diese Katze war meine Katze und nun ist sie tot.
Geboren wurde die Katze Penny auf einer griechischen Insel. Sie soll Teil eines Rudels gewesen sein, mittendrin statt nur dabei. Klein war sie, getigert und immer sehr, sehr zierlich. Irgendwann brachte sie eine Frau mit nach Deutschland. Die Australierin hatte sich in das Tier verguckt, was ihr immer die Frühstücksbrötchen stahl und so waren die ersten Monate der Katze geprägt von einer Reise durch Europa und einer Zeit in einer kleinen Neuköllner Wohnung. Die kleine Katze war allein, sie war laut und sie nervte. Die Dame wandte sich an die Tierrettung. Von dort aus kam die Katze zu uns. Es war Februar und im Juni erhielt ich die Diagnose Krebs. Die Katze war mir zu diesem Zeitpunkt schon tief verbunden und ich ihr. Täglich kuschelten wir, wir schnurrten gemeinsam. Die griechische Königin war zuweilen zickig und kratzig, „Die Kratzekatze“ sagten die Kinder ab und an, aber sie war eben auch voller Hingabe und extremen Kuschelmomenten.

Mehr als 3,5 Jahre lebte sie bei uns, liebte bei uns und letzten Mittwoch hat ihr Leben geendet, einfach so.

Gestorben ist sie am frühen Morgen, angefahren von einem Autofahrer, bei uns um die Ecke. Aber all das wusste ich da noch nicht, denn ich versuchte die Katze zu finden, eine ganze Woche lang und vor allem sie wiederzubekommen.

Aber von vorn:
Am Donnerstag kamen wir aus dem Urlaub zurück und die große Tochter informierte uns darüber, dass die Katze seit Mittwochmorgen nicht nach Hause gekommen sei. Also begannen wir zu suchen. Wir sprachen mit allen Nachbarn, durchkämmten die Gegend und ich versuchte mein pochendes Herz zu beruhigen.

Am Samstagabend stellte ich dann einen Suchauftrag in die örtliche Facebookgruppe mit dem Hinweis auf ein gechipptes Haustier und wartete ab.
Sonntagmorgen dann eine Nachricht in der Gruppe. Ein Anruf und ein Foto. Meine Tränen rollten und ich erfuhr, dass unsere kleine Katze Penny am Mittwochmorgen gestorben war. Im Beisein von einem jungen Mann, der bis zu ihrem Tod dagewesen sei. Die Frau mit dem Anruf hatte noch ein Foto gemacht. Dieser junge Mann hatte auch die Polizei gerufen und versuchte einen Notarzt zu bekommen. Er wartete vor Ort bis die Polizei sie mitnahm.

Porträt mit Katze
Ich wusste also nun Bescheid und begann mich auf die Suche zu machen.
Mein erster Anhaltspunkt war die Suche nach dem jungen Mann, der unsere Katze begleitet hatte. Ich wollte mich bedanken. Danke sagen an einen Menschen, der nicht weggeschaut hat. Außerdem hatte dieser Mann mit der Polizei gesprochen und wüsste vielleicht, wohin unsere Katze gebracht worden sei.
Am Montag fand ich den jungen Mann, am Dienstag konnte ich mit ihm sprechen. Am Anfang wollte dieser das nicht. Als ich ihn fragte, ob er mir Auskunft über den letzten Mittwoch geben könnte, wollte er erst nicht und fing dann an mit mir zu schimpfen, warum ich eine kleine Katze rauslassen würde. Sie sei noch ein Baby gewesen, so klein. Erst als ich anfing zu weinen, begann er mir die Geschichte ihres Todes zu erzählen. Wie er dort zu Fuß angekommen sei, wie er eine lebende Katze vorgefunden hätte, wie er versuchte sie zu retten und wie er bei ihr blieb, bis sie sie mitgenommen hatten. Er rief dann noch, in meinem Beisein, die Polizeiwache an und erkundigte sich dort. Man sagte ihm, dass nur ich die Auskunft erhalten würde.

Am Dienstag rief ich bei der Polizei an. Dort teilte man mir mit, dass die Katze vom Fundort aus zur Wache gegangen sei um dann direkt zum Portaleum, also dem Tierkrematorium, gebracht wurde. Ich war erleichtert. Das wäre doch schön, dass ich unsere Katze nochmal sehen könnte, vielleicht die Asche bekäme. Also rief ich dort an. Ein sehr freundlicher Mann erzählte mir am Telefon, dass es eigentlich so üblich sei, aber dass er keine Katze abgeholt hätte, weder vor einigen Tagen noch aktuell. Ich fing wieder an zu weinen, die Tränen liefen einfach so meine Wangen hinunter. Wo war meine Katze geblieben? Der Mann rief mich nochmal zurück, meine Tränen hatten ihm keine Ruhe gelassen. Aber, es gab keine neuen Erkenntnisse.

Am Mittwoch wollte ich nicht mehr warten. Ich wollte doch einfach nur wissen, wo die Katze abgeblieben war. Ich fuhr also zur Polizeiwache. Dort drückte ich einen Knopf und nannte dort mein Anliegen „Ich will wissen, wo meine tote Katze ist“ und wartete über zwei Stunden auf ein Gespräch. Die Polizisten hatten keinerlei Aufzeichnungen, erst konnte man nichts dazu finden. Ein totes Fundtier, dazu werden anscheinend keine Dokumentationen erfasst. Ich verstand nicht, jemand hatte doch die Polizei gerufen, müssen sie das denn nicht dokumentieren?

Irgendwann fand der Polizist auf der Wache jedoch die Kollegen vom Mittwoch und sprach mit der Leitung der Wache. Diese sagte mir dann, dass kein Chip in der Katze gefunden werden konnte (ich konnte aber belegen, dass sie gechipt war) und die Katze auf einen BSR-Hof gebracht worden sei. Also eine neue Spur. Ich versuchte den richtigen BSR-Hof zu finden, Kniprodestraße, wurde mir genannt. Dort konnte ich nichts erreichen. Ich telefonierte mit mehreren Dienstleistern vor Ort, die Container oder anderes sammelten, nannte immer wieder den Grund meines Anrufes. „Ich möchte wissen, wo meine tote Katze ist, ist sie zu ihnen gekommen?” und erntete dafür jedes Mal Beileid und Informationen. Schritt für Schritt konnte ich herausfinden, wie der Weg der Katze gewesen sein musste, an ihrem letzten Tag. Erst der Anruf bei einer zentralen Stelle der BSR konnte mir dann weiterhelfen und gab mir eine Nummer. Die Nummer der Stelle wo meine tote Katze an diesem Tag angekommen war.

Nach einem Anruf bei der Sammelstelle für verstorbene Tiere fand ich endlich Antworten. Nach dem Feststellen des Todes wurde die Katze erst zur Wache, dann zu der Sammelstelle für verstorbene Tiere in Neukölln gebracht. Dort war sie einen Tag lang (ich telefonierte mit dieser Stelle) und wurde von dort aus zu einer Sammelstelle für Verbrennungen nach Genthin gebracht (ich telefonierte mit dieser Stelle) um dann dort am letzten Freitag verbrannt zu werden. Ich hatte innerhalb von drei Tagen (Montag, Dienstag, Mittwoch) mit fünf Personen telefoniert, die entweder direkt oder indirekt die Katze begleitet hatten, die sie in Teilen berührt hatten und bei ihr waren. Ich musste wieder weinen.

Der Mann in Genthin erzählte mir, dass sie nach dem Transport aus Berlin (er schaute nach) am Freitag verbrannt wurde, in einem Rudel von Tieren. Ihr Ende war ihrem Anfang also ähnlich, sie war nicht allein. Umgeben von anderen Tieren. „Sie ist nun im Katzenhimmel“, sagte der Mann von ihrer letzten Station zu mir am Telefon und ich begann erneut zu weinen. Meine letzten Tränen, die ich der Katze Penny schenkte. Meine Suche hatte ein Ende gefunden. Ich wusste nun wohin meine Katze gebracht worden war, wie sie bestattet wurde und was mit ihr geschehen war.

Ich hatte meine tote Katze gefunden, aber nicht wiederbekommen. Was mich wirklich verwundert ist, wie wenig Empathie für das Thema „Tod des eigenen Haustieres“ wirklich übrig ist. Ich meine, ich habe ganze vier Tage gebraucht, um herauszufinden was mit meiner toten Katze passiert war. Ich hatte zig Menschen und Stellen anrufen müssen um Antworten zu erhalten. Weil es keine Dokumentation gab, weil es keinen Versuch gab nochmal den Chip zu finden, mich zu finden. Ein Tier, dass mit jeder Faser ihres Körpers immer zu uns gestrebt hat. Ein Tier, dass alles gegeben hatte. Ein Tier, dass bei mir gewesen war, in all diesen schweren Zeiten. Es gab für mich leider nicht die Möglichkeit meine Katze zu bestatten, weil man nicht mal versucht hatte MICH, die Besitzerin, ausfindig zu machen. Es gab keine Chance mich zu verabschieden, das macht mich echt fertig. Aber, ich weiß nun, dass Penny nicht allein war, als sie gestorben ist. Sie war nicht allein und vor allem war sie nicht ungeliebt.

Die Katze reitet von dannen.
Du fehlst mir. Alu



4 Comments
amberlight
8. November 2025 at 22:25Ich hatte beim Lesen auf ein besseres Ende gehofft und wünsche euch, dass ihr nun dennoch einen Ort zum Abschied nehmen, findet.
Sabine
9. November 2025 at 18:39Liebe Alu, unbekannterweise fühle ich ganz stark mit dir. Leider kann ich dich nich trösten. Es tut mir sehr leid für dich, dass dieses hübsche Wesen so früh gehen musste. Auch ich liebe Tiere über alles. Es stimmt, dass es leider zu viele Menschen gibt, denen Empathie gegenüber Tieren gänzlich fehlt. Das kann ich auch nicht verstehen und finde es nicht richtig. Ohne Tiere und die Natur sind wir doch nicht ganz. Aber das werden manche nie verstehen. Es braucht alles Zeit. Wünsche dir trotzdem viele gute Gedanken und Stärke und denke dran, dass ihr ihr eine wunderschönes und liebevolles Leben ermöglicht habt. Das kann vielleicht ein kleiner Trost sein.
Alles Liebe
Sabine
Martina
9. November 2025 at 18:54Es hört sich fast an als hätte das Schicksal dir diese Katze zur richtigen Zeit geschickt um dich zu stärken, zu trösten, zu heilen. Jetzt fand das Schicksal (das echt manchmal ziemlich schlechte Entscheidungen trifft) Penny hat ihre wundervolle Aufgabe erfüllt und darf zurück in ihr Rudel.
Ich hätte sie auch gesucht und geheult und geflucht und betrauert. Lass dich drücken
Katrin
28. November 2025 at 10:42Liebe Alu, es tut mir von Herzen leid, was Penny und dir bzw. deiner Familie passiert ist. Der Tod eines Haustieres ist sehr schlimm, ich würde sogar sagen, manchmal noch schlimmer als der eines Menschen. Unser kleiner Kater Fritzchen ist leider nur etwas mehr als ein Jahr geworden. Ich fand ihn verstorben auf unserem Rasen. Es war ein furchtbarer Schock. Stundenlang saß ich mit ihm auf dem Rasen, hielt ihn im Arm und weinte. Die Tage danach waren furchtbar. Aber jeder Tag der verging, brachte den nötigen Abstand und mit jedem Tag wurde es ein klein wenig besser. Auch heute noch, ein halbes Jahr später, denke ich jeden Tag an ihn und vermisse ihn. Er war eben auch mein Herzkater.
Ich wünsche dir für die kommende Zeit viel Kraft. Die Erinnerung an Penny, die ja augenscheinlich auch deine Herzkatze war, kann dir keiner nehmen. Sie ist jetzt im Tierhimmel und passt von dort weiter auf dich auf. Und wenn es mal wieder nötig ist, wird sie eine Schwester oder einen Bruder zur Hilfe schicken.
Liebe Grüße Katrin