Ich suche meinen Beckenboden, haben sie den gesehen?
Ich liege in einem engen Raum mit zehn anderen Frauen und zehn Kindern, wo bin ich und wie bin ich hier hinein geraten?
Sie helfen beim Suchen? |
Noch 15 – noch 14 – Während ich meine Hüfte nach oben und den Po nach unten strecke, denke ich darüber nach wie das alles so weit kommen konnte. Sport ist nicht unbedingt meine Lieblingsbeschäftigung, schon in der Grundschule war ich immer die Langsamste und Letzte bei der Team Wahl. Meine Bestnote war eine 3 als ich eine eigene Choreographie zum Song „Smack my bitch up“ von Prodigy vorgeführt habe. Die entgleisten Gesichtszüge der Sportlehrerin waren alle Mühen wert.
Noch 12 – noch 11 – Ich beiße die Zähne zusammen. „Zieht den Bauch ein“ schreit der Drillinstructor vorne auf der Matte, der in Wahrheit meine wunderbare Hebamme ist die sich plötzlich als Trainer aus Rocky entpuppt! Während ich meinen Bauch einziehe, fällt mein Po hinten wieder raus, beides anzuspannen scheint doch noch schwierig zu sein so acht Wochen nach der Geburt. Ich sollte mich vielleicht nur auf ein Körperteil konzentrieren, am liebsten auf mein Hirn beim Lesen.
Noch 9 – noch 8 – Hilfe, mir ist warm und ich fühle mich furchtbar. Ich meine, erst läuft man quasi diesen Marathon einer Geburt als Frau und danach erzählen einem auch noch alle „Der Körper vergisst nie, das er eine Geburt erlebt hat.“ Neee ist klar, mein Hirn hat das auch nie vergessen, aber dass ich nun schon zum dritten Mal einen teuflischen Sportkurs nach einer Geburt freiwillig belege, das hätte ich ja auch nicht gedacht. Und überhaupt, wann trainiert der Mann eigentlich all seine Schwangerschaftspfunde wieder ab
und macht mal was für Bauch- Beine- Po?
und macht mal was für Bauch- Beine- Po?
Noch 7 – noch 6 – Frauen sind doch echt gestraft, erst müssen sie diesen riesigen Holzklotz aus dieser engen Öffnung zwängen und danach ist bei den meisten auch noch der Beckenboden im Arsch (und das meine ich nicht metaphorisch). Wie eine alte Oma konnte ich mich nach allen Geburten kaum nach unten strecken, oder was vom Boden aufheben. Von dem furchtbaren Gefühl Pupse und die eigene Blase nicht wirklich ganz im Griff zu haben mal ganz abgesehen.
Noch 5 – noch 4 – Bereits im Wochenbett habe ich mit den berühmten Beckenbodenübungen wieder angefangen, denn ich will mein Kind durch die Gegend tragen und überhaupt will ich mich stark und ausgeglichen fühlen. Am Anfang habe ich diesen ominösen Muskel nicht mal gespürt und mir immer heimlich gedacht: Würdest du doch nur Pferde mögen, Frauen die reiten haben ja (laut Gerüchten) nie Sorgen damit. Aber, ich kann Pferde nicht leiden (sie mich übrigens auch nicht) und war immer schwimmen in der Schwangerschaft, wie ein Wal der ein Ufer suchte zog ich meine Bahnen.
Noch 3 – noch 2 – Ich verfluche meinen Beckenboden mit all seinen Funktionen. Ganz ehrlich, diese Fahrstuhlübung zum Spüren der eigenen Muskeln, welche Frau verzieht dabei nicht das Gesicht wie eine saure Zitrone? Ständig wird mir gesagt, ich solle doch diese Übungen an den roten Ampeln, oder beim Essen machen. Die Nachfragen fremder Passanten ob ich Schmerzen hätte, oder mir nicht gut sei, kann ich inzwischen gekonnt ignorieren.
Noch 1 – noch 0 – Gott sei Dank, mein Bauch und mein Po dürfen wieder an ihre ursprünglichen Stellen zurück, nämlich ausladend nach vorne und hinten. Meine Brille ist beschlagen, ich möchte duschen gehen, sofort. Der Drillinstructor ruft zur nächsten Übung auf, wir sollen ein Bein vom Boden abheben und dabei den Beckenboden anziehen, den Po und den Bauch anspannen und nach zehnmal
sollen wir dann noch den Arm dazu nehmen. Während ich versuche all meine Körperteile zu koordinieren und den körperlichen Verfall verfluche, entscheide ich, dass ich nach dem Kurs erstmal Torte essen gehen muss. Eine richtig dicke Sahnetorte! Vielleicht frage ich die schwitzende Mutti neben mir ob sie
mitgehen will?
sollen wir dann noch den Arm dazu nehmen. Während ich versuche all meine Körperteile zu koordinieren und den körperlichen Verfall verfluche, entscheide ich, dass ich nach dem Kurs erstmal Torte essen gehen muss. Eine richtig dicke Sahnetorte! Vielleicht frage ich die schwitzende Mutti neben mir ob sie
mitgehen will?
Während ich dann auf meine mega süße Torte warte, werde ich meinen Beckenboden auch wirklich ganz doll anspannen, innen drin wie einen Fahrstuhl bis zum Kronenpunkt – isch schwöre.
Alu
5 Comments
Ella
20. Oktober 2016 at 06:47Wie geil, ich hab irgendwo bei 5 aufgehört und lag nur noch da 😀 bei der nächsten Übung habe ich mich dann wieder aufgerafft. Trainiere den Beckenboden einfach lieber im Bett ob nun zu zweit oder alleine 😉
Katharina Lorber
20. Oktober 2016 at 07:28Danke. Für jedes einzelne Wort. Danke. Lass dir die Torte schmecken.
Sari
20. Oktober 2016 at 08:02Ich habe es dieses Mal gelassen. Die Übungen sind eh die Gleichen wie damals, wie wir inzwischen wissen, bin ich für solch kurze Zeiträume nicht die Gesprächigste und solche Runden sind eh meist nix für mich. Der FA gab mir dann noch Tipps, wie man es jeder Zeit am Tag zusätzlich trainieren könnte, was man ja eh zusätzlich machen sollte, so dass ich es bei Kind 2 einfach gelassen habe dieses Mal…Mal sehen, ob ich das irgendwann noch bereueen werde ^^'
Rebekka
20. Oktober 2016 at 20:12Oh Mann, ja! Hatte ich total verdrängt, dass da nach der im Frühling auf mich wartenden Geburt auch noch ein Sportkurs folgt! *-*Dieser macht mir mehr Sorgen als die Geburt an sich. (Ja, ihr dürft über mich lachen, es ist das 1. Kind!) :DGenialer Text, danke dafür!
Emils Mama
1. November 2016 at 14:25Auf den Punkt. Jetzt weiß ich auch endlich woher ich dich kenne. Sitze übrigens gerade im Café mit meiner Sahnetorte :-).Bis Freitag zur nächsten Runde. 🙂