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Elternleben

Warum man jetzt mehr Liebesbriefe schreiben sollte #Coronatagebuch

Früher schrieb von jeder Reise immer zehn Postkarten an Menschen, die ich mochte. Zehn Menschen mit denen ich mich verbunden fühlte, sei es durch Verwandtschaft oder durch eine Freundschaft, die mich so tief berührt hatte, dass eigentlich immer ein paar Worte sich auf den Weg machten, egal wohin. Bereits vorletztes Jahr fiel es mir sehr schwer die zehn Adressaten der Postkarten zusammenzubekommen. Einige meiner Empfängerinnen sind bereits verstorben (und ja, am Anfang habe ich an die „neue Adresse“ auch Post geschickt) und andere Menschen sind einfach komplett aus meinem Leben verschwunden oder haben sich ausgeschlichen, einfach so.

In diesen Tagen schreibe ich viel, die Worte sind zurück:

Allein in den letzten zwei Wochen habe ich 125 Briefe und Karten verschickt. Ich habe Menschen geschrieben die ich mindestens einmal die Woche sehe und Menschen geschrieben, mit denen mich Unstimmigkeiten auseinandergebracht haben. Ich habe mich hingesetzt und Adressen gesucht, aufgeschrieben und meinen Stift gewetzt. Die Kinder und ich haben sogar an Altersheime geschrieben in denen Menschen sitzen die ganz allein sind und auch keinen Besuch empfangen dürfen. Ich habe das Einzige getan was mir in dieser ganzen kruden Situation richtig schien. Ich habe meine Fürsorge durch Abstand ausgedrückt. Ich habe persönliche Worte gewählt, Karten gedruckt und manchmal auch nur ein „Ich denke an dich“ in die Karten geschrieben.

Liebesbriefe_Corona_Zeit

125 Karten um einfach zu zeigen: Hey, du sitzt gerade nicht allein inmitten dieses Chaos. Ich denke an dich mit deinen Kindern, deinen pflegebedürftigen Verwandten oder deinem Bücherregal. Ich denke an dich in diesem ganzen Mist, der mir ehrlich gesagt manchmal den Atem raubt. Diese Unsicherheit, die mich ratlos hier sitzen lässt mit all meinen Sorgen und Ängsten vor dem was sich da „das Leben nach Corona“ nennt. Statt zehn schönen Postkarten aus dem Urlaub waren es dieses Mal mehr als diese üblichen Verdächtigen und ich habe erst jetzt wieder gemerkt, wie sehr die analoge Sprachlosigkeit mich in den letzten zwei Jahren überrollt hatte, mich fast erstickt hat.

Nun kann ich wieder schreiben, auf Papier. Ich schreibe Briefe, Postkarten oder Memos. Ich versuche ernsthaft die Frage zu stellen: Wie geht es dir heute und ich möchte darauf auch immer die Antwort hören.

Es geht mir “gut” und so viel mehr Antworten auf eine kleine Frage.

Ich bekomme Nachrichten, Postkarten oder Videoanrufe als Antwort und freue mich darüber. Ganz oft bekomme ich ein Lächeln geschenkt, ein Lachen oder einen Hinweis was für eine Sauklaue ich eigentlich habe. Ich entdecke jedenfalls in dieser Zeit gerade neu: Mein Herz ist ein sehr großes Herz! Ich habe viel Platz darin für Familie, Freunde und Bekannte, für stetige Weggefährten und für Menschen, die nur meinen Weg kreuzen für eine kleine Weile mich auf meiner Reise begleiten, denn Abstand kann auch Fürsorge sein und manchmal kann man diese am besten mit einer Briefmarke bekleben.

Alu

 

PS. Auch mal wieder Post geschrieben? Wie sieht es aus?

 

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