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Schulkind

„Mama, was ist ein Nazi?“ Wie Sprache prägt

Immer wieder stehen wir Eltern vor den vermeintlichen Ungerechtigkeiten der Kinder. Vor längerer Zeit hatte unser Kind mal Probewochen in einer neuen Schule. Ihm gefiel sie, die Lehrer konnten sich das Kind an ihrer Schule vorstellen. Doch als die Schüler abstimmen sollten, kam ein anderes Kind mit dem Argument um die Ecke, unser Kind habe ihn als „Nazi“ beschimpft.

Mit diesem Signalwort schrillten alle Alarmglocken und wir kamen nicht an diese Schule. Ob die Gegenseite wusste, was der Begriff auslöst, das kann ich nicht einschätzen. Es ist eines der Schlagwörter mit dem alles zu Ende ist.

Was für eine Macht Worte haben können.

Ich möchte hier klarstellen, dass ich sehr genau einschätzen kann, wann jemand nationalsozialistisches Gedankengut äußert und diese Menschen dann auch genau als das benenne, was sie sind: Nazis.

Doch das damals 8 jährige Kind, das wusste vielleicht nicht was ein Nazi ist. Selbst, wenn es den Begriff von seinen Eltern oder sonst woher aufgeschnappt hat, es bleibt vage. Es wusste aber sehr wohl, dass dies ein “Out” Wort ist. Ich könnte hier auch andere Begriffe nennen. Ihr kennt sicher viel mehr und wir wissen um die Realitäten die Worte erschaffen können.

Doch bei uns war es nun einmal dieser Begriff, in dessen Sog wir geraten sind. Sehr wahrscheinlich werden auch verschiedene Menschen diesen Artikel nicht verstehen (wollen) und sich angegriffen fühlen, das ist dann wohl ein Teil der Sprachdebatten in denen wir Menschen immer wieder stecken. Darum geht es mir hier nicht.

Es fiel mir einfach heute wieder ein, als ich meinen Gedanken nachhing und wir über diese Schule sprachen. Wir fanden und finden sie großartig und haben das Ergebnis akzeptiert. Doch der Schrecken von diesen Worten bei uns Erwachsenen zeugt davon, dass wir auch noch einmal über die Worte zu reden haben. Während ich das schreibe, bemerke ich erst wieder, wie sehr ich mit all meinen Gedanken auch aktuelle Diskurse über das Gendern streife.

Mama, was ist ein Nazi

Wenn meine Frau immer wieder sagt

„Ich solle mich disziplinieren, welche Worte ich in Gegenwart der Kinder benutze“,

hielt ich sie bisher für übervorsichtig.

Nachdem wir heute noch einmal darüber gesprochen haben, graut mir allerdings: Sie könnte recht haben. Gewaltfrei zu kommunizieren und den Kindern eine gerechte Sprache beizubringen ist eine wichtige Sache. Sprache verändert und prägt Realitäten. Ebenso wichtig ist es Begriffe oder Satzteile, die sie mitbringen oder aufschnappen, zu erläutern. Dabei sollte es so gut wie möglich erklärt werden und in Bezug gesetzt werden, das hilft.

Denn „Nazi“ ist nicht nur synonym für böse, es ist mehr!

Sprachsensibilität gilt es weiterzugeben. Ich weiß, es ist eine der Königsklassen der Erziehung, aber wir orientieren uns doch in vielem nach oben, gerne also auch darin. Ich will jedenfalls dazulernen und dafür sorgen, dass solche Sprachungerechtigkeiten abnehmen und somit neue kindgerechte Realitäten erschaffen werden können.

Konsti

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6 Comments

  • ChristinaB
    1. Juli 2021 at 06:56

    Ein Zitat 😉 “”””” «Worte sind die Kleider unserer Gedanken». Sie sind wie Pfeile: Erst einmal abgeschossen, kann man sie nicht mehr zurückholen. Sie treffen voll ins Schwarze, manchmal aber auch grob daneben. Denn jedes Wort erzeugt ein Bild in unserem Gehirn – sei es positiv oder negativ – und führt zu dementsprechenden Reaktionen. >>”””””””

    Nazi ist ein schwerwiegender Vorwurf. Würde mein Kind als “Nazi” beschimpft werden, würde ich als Mutter auch auf die Barrikaden gehen. Und da wäre mir auch egal, ob das andere Kind weiß, was ein Nazi ist oder nicht.
    Vielleicht verstehe ich den Text ja auch falsch, aber die Aussage “””””Ich möchte hier klarstellen, dass ich sehr genau einschätzen kann, wann jemand nationalsozialistisches Gedankengut äußert und diese Menschen dann auch genau als das benenne, was sie sind: Nazis.”””””unterstellt ja m.E. , dass an der Beschimpfung was Wahres dran ist.

    Und ein solcher Vorwurf kann durchaus auch für das Beschimpfte Kind schlimme Konsequenzen haben.

  • Janine
    1. Juli 2021 at 22:54

    Bisschen off topic, aber was bitte ist dieses Kinder stimmen ab, ob jemand Neues in die Klasse aufgenommen wird?! Haben wir auch so erlebt und finden es irre falsch, zu kurz gedacht, unangemessen und letztlich die Kinder überfordernd, damit man, als Erwachsener (Lehrerin) die Entscheidung nicht treffen muss? Da findet in meinen Augen eine so falsche “Selektion” statt, die von den Kindern nicht getroffen werden kann (und sollte). Überblicke ich als Kind denn die Notwendigkeiten und Gründe, die es für den Wechsel gibt? Oder muss nicht letztlich die Lehrperson die (finale) Entscheidung treffen, dahinter stehen und die Kinder einbindend “mitnehmen”?!

  • Alu und Konsti
    2. Juli 2021 at 18:11

    Ja, aber die Beschimpfung hat ja gar nicht stattgefunden. Sie wurde nur unterstellt.

  • Christina Innemann
    2. Juli 2021 at 18:49

    Ich bin echt erstaunt, dass Kinder abstimmen dürfen, ob jemand an eine Schule kommt. Dass Kinder Schimpfwörter auszuprobieren, habe ich schon oft erlebt. Wichtig finde ich, darüber zu reden. Unsere Kinder wiederholen auch vieles, das wir Eltern von uns geben. Das Gute und das, für das wir uns später peinlich berührt an die Stirn fassen. Aufmerksam zu bleiben, ist gut. Zu streng zu sich selbst als Eltern zu sein, finde ich dagegen nicht gut.

  • Uwe Menßen
    25. Juli 2021 at 21:01

    NAZI wird als Schimpfwort in unseren heutigen Zeit dargestellt,aber es ist kein Schimpfwort. Anstatt seinem Kind zu erklären,was Nationalsozialist bedeutet,ziehen alle Leute das Wort in den Dreck. Das ist nicht das Bild von Hitler’s Horden sondern National bedeutet für das eigene Land und sozial,dass man abgibt,also nichts schlechtes. Aber läuft nur schön mit der dumpfen Masse mit,anstatt selber zu Denken.

    Uwe Menßen
    Emden/Ebersbach-Neugersdorf

  • Alu und Konsti
    25. Juli 2021 at 21:38

    Sehr geehrter Herr Menßen,
    ich bin anderer Meinung. Nazi und Nationalsozialist sind durch die “Hitleristen” eingeführte und eindeutig verwandte Begriffe.
    Diese sind nicht schön zu reden und nicht rein zu waschen. Dann bin ich lieber ein Patriot und ein sozialer Mensch.
    Übrigens, wer die dumpfe Masse ist, bleibt für mich dahin gestellt.
    Ihr
    Konstantin Manthey

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