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Elternleben

Ein Brief an meinen Opa Walter

Wie sehr man seine Großeltern vermissen kann

Mein liebster Opa,

ich war schon immer ein Opa Kind. Du warst mein einziger Opa und wir sahen uns schon immer ähnlich. Ein Trio Papa, Du und ich. Wenn ich mich erinnere, dann erinnere ich Kindheit mit Dir. Walnüsse aufheben im Garten, Fische im Teich füttern, Fahrrad fahren lernen in Adlershof. Du hast mir schummeln beigebracht und warst mit mir spazieren. Wir sprachen über die Ehe meiner Eltern und über meine Schwester die schon immer so sensibel war. Du gabst mir den Auftrag meine Mutter zu beschützen und ich tue noch immer mein Bestes. Die Zeit verflog so schnell die letzten Jahre und als wir dich 2010 verloren haben, da ist ein sehr wichtiger Teil von mir mit dir gegangen. Ich konnte dir noch im Krankenhaus sagen, dass ich wieder schwanger bin und dass der errechnete Termin deines Urenkels dein Geburtstag sein würde, danach habe ich dich zusammen mit den anderen bis zum Ende begleitet.

Einer geht, einer kommt. So hat es immer geheißen.

Dein Urenkel trägt deinen Namen Walter und seine tiefblauen Augen funkeln wie deine, schelmisch. Du hast immer gut beobachten können, hast die Zusammenhänge erkannt und warst bis zu deinem Unfall total klar im Kopf. Wie schafft er das mit über 90 haben immer alle gefragt und du hast deine neue Freundin an die Hand genommen und bist spazieren gegangen. „Der niedrige Blutdruck ist es“, hast du mir immer gesagt. Ich habe den auch, weißt du.  Als du nach der Wende zur Oma nach Kreuzberg  nachgezogen bist, hast du dir einen Hund angeschafft und die Gemüsehändler zu deinen Freunden gemacht. Ich weiß der Umzug ins Wohngebiet der Eltern, wegen Oma damals, hat dir zu schaffen gemacht, du mochtest den Görlitzer Bahnhof und die neue bunte Welt.Ich habe dir immer voll Stolz meine engsten Freunde/innen gezeigt und du hattest mit jedem einen Draht.  Du hast zu meiner Welt dazu gehört und ich wollte dich nie ausschließen.  Als ich dir nach meinem Abitur erzählte, dass ich für ein Praktikum  in die USA gehe, da hast du mir von deiner USA Gefangenschaft berichtet. Ich habe all deine Orte besucht und dir Karten geschickt, ich weiß sie waren alle noch da. Als ich erst eine Lehre und danach ein Studium begann, hast du mich unterstützt und gestärkt. Wir spielten weiter Dame, wenn ich dich besucht habe. Als Oma gestorben ist warst du traurig. Wir suchten gemeinsam euren Grabstein aus und ich habe die Frau im Institut angeschrien, als sie Deinen Namen zur Probe auf den Grabstein schrieb und das ausdruckte. Den Ausdruck habe ich noch.  Du hast mir einen Schlüssel für den Friedhof besorgt, damit ich schneller und sicherer abends nach Hause komme, ich habe ihn nie benutzt. Als ich meinen Mann traf, sagte ich dir leise ins Ohr „Merk dir den, ich glaub den behalte ich“ und du nicktest nur stumm. Ihr wurdet Freunde und nicht ohne Grund hat er deine Grabrede gehalten. Als ich das erste Mal schwanger war und du meine kleine Tochter im Arm gehalten hast, hast du gesagt, dass sie aussieht wie deine Tante Hannah und ihre Finger gehalten, wir haben zusammen gelacht. Ich weiß, dass meine Hochzeit dich glücklich gemacht hat, du warst immer stolz auf meine gute Wahl. Danke für dein Vertrauen.

Mein Vater, K1 und Opa 2007

Du fehlst mir als guter Zuhörer Opa und als Adresse für meine Postkarten. Ich habe doch immer 10 Stück geschrieben, aus jedem Urlaub. Nach deinem Tod habe ich weiter welche an dich geschickt, an deine neue Adresse, an dein Grab. Ich weiß du hättest darüber gelacht und dich gefreut. Du fehlst mir an deinem Geburtstag heute, dem 26.12. Wir waren doch immer chinesisch essen. Ente, dein Favorit. Nun muss ich den 26.12. ohne dich erleben, schon im vierten Jahr.

Ich habe so viel von dir gelernt und immer zu dir aufgesehen. Nicht nur deine Murmelsammlung, sondern auch meine Geschichten über dich, lassen die Kinder erinnern. Opa Walter der Schäfer, Opa Walter der Schummelkönig. Du würdest den kleinen  Urenkel Walter lieben. Er bildet das neue Trio zusammen mit deinem Sohn.

Er ist auch ein Opa Kind und lernt von mir das Schummeln.

Papa übernimmt nun ganz langsam deinen Platz in unserer Reihe und oft erkenne ich dich und deine Stille in ihm wieder.  Als du gegangen bist, habe ich dir einen Brief mitgegeben, in dein Grab, in dem standen so viele Worte für eigentlich nur eine Tatsache „DU FEHLST MIR SO SEHR OPA“ am heutigen Tag mehr denn je.

Deine Alu

 Opa Walter

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6 Comments

  • JesSi Ca S
    28. Dezember 2014 at 15:10

    Endlich komme ich dazu diesen Post zu lesen. Er ist es wert es bewusst zu tun und nicht zwischendurch.
    Ich hab tränen in den Augen. Auch mein Opa war wichtig für mich. Gerade weil ich ohne Vater aufwuchs.
    Leider verstarb er viel zu früh als das ich so tolle Erinnerungen habe wie seine Augen beim Anblick seiner Enkeltochter. Als ich 16 warm kam am 23.12. die Nachricht das er gegangen war. Es riss mir den Boden unter den Füßen weg und es brauchte erst mein Kind das ich wieder einen Gefallen an Weihnachten fand.
    Ich vermisse ihn sehr und das gerade zu Weihnachten wenn ich am 23. innehalte und mir wünsche das wir den Tag im Jahr 2000 – mir all seinen Ereignissen – löschten….

    Danke für diesen schönen Post – einfach nur DANKE!

    Liebste Grüße
    JesSi Ca

  • Anonym
    4. Januar 2015 at 13:46

    Ein wunderschöner Brief.. ich hatte ebenfalls einen super tollen Opa (das gleiche gilt für meine Oma).. leider verstarb er 2003. An meinem 18. Geburtstag sagte er mir, dass er nicht mehr warten könne um auf meiner Hochzeit mit mir zu tanzen..
    Mir tut es weh, dass mein Sohn nicht so einen tollen Opa hat, wie ich.. mein Vater ist seit einem Schlaganfall ein paar Wochen vor meiner Hochzeit ein Pflegefall .. ich hätte es ihm gegönnt.. denn Opa Artur hat mir soviel gegeben..

  • Mama Schulze
    4. Januar 2015 at 14:12

    Oh, so schön geschrieben. Ich habe Pipi in den Augen. Danke dafür <3

  • Anonym
    4. Januar 2015 at 15:37

    Ich bin sehr gerührt. Schöne Worte für einen tollen Opa

  • Was für immer bleibt ist das Vermissen
    14. September 2017 at 06:31

    […] Ich fand sie im Spielregal vom Sohn, dem Sohn der mich so oft an dein Gehen erinnert. […]

  • Klaudia Grollmann
    4. November 2019 at 14:58

    Ich habe beim Lesen sehr geweint.
    Zwar habe ich an meinen. Opa nicht so intensive Erinnerungen, weil er räumlich weit entfernt wohnte. Doch mein Vater war ein wundervoller Opa für meine beiden Kinder in nd ich hoffe, er bleibt in ihrer Erinnerung.

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