Getreu dem Motto „Ich habe keinen Bock mehr jetzt schon zu wissen, dass es mir scheisse gehen wird“ startete ich auch in dieser Woche in einen neuen Chemotherapie Zyklus.Immer wieder denke ich darüber nach was all das „Wissen“ und auch das „Nichtwissen“ mit uns Menschen macht. Ich weiß ja schon, dass die Chemotherapie mir helfen wird, aber auch was sie meinem Körper antut. Sie tötet unter anderem alle schnellwachsenden Zellen, also Haarwuchs, Haut, Nägel uvm.
Dinge die ich weiß und damit einordnen und einschätzen kann, machen uns Menschen immer weniger Angst. Wir streben immer nach Schubladendenken, nach Sicherheit, denn das beruhigt uns und lässt uns vermeintlich gelassener an neue Situationen herangehen.
Gleichzeitig ist da aber auch das Nichtwissen. Ein Denk- und Aktionsraum für Hoffnungen, Träume und Ängste. Das Nichtwissen ist das lose Ende, der Experimentierraum des Hirns. Der Teil in dem Visionboards, Coachings usw. sich abspielen und in dem unser Hirn neue Verknüpfungen, Träume und auch Ängste zulassen kann.
Ich frage mich also:
Wohin also strebe ich gerade?
Wohin strebe ich in dieser Krankheit?
Wieviel Wissen und Nichtwissen sind in meinem Hirn mit dem Krebs verbunden?
Natürlich ist es das Wissen in dieser Phase der Erkrankung, nach dem ich ganz klar strebe. Klare Therapien, Ansagen, Studien und eben die Erfahrungswerte aus denen ich schöpfe und die mir einzuordnen helfen.
Ich weiß: Die nächsten Tage werden körperlich bescheiden, dem Tumor geht es genauso mies wie mir! Ich weiß, dass die Chemotherapie helfen kann und bereits geholfen hat. Ich weiß, dass selbst wenn das nicht der richtige Weg ist, es weitere Wege geben wird.
Aus meiner anderen beruflichen Erfahrung heraus als Zukunftsforscherin kann ich aber auch sehr dazu raten immer wieder mal das Nichtwissen zuzulassen. Auch als Mensch in außergewöhnlichen Lebenssituationen.
Das Träumen, das Hoffen und auch die Angst. Zulassen. Sich einlassen können. Man glaubt erstmal gar nicht, wie weit einen das bringen kann, aber es ist ein wichtiger Bestandteil von Veränderung und Sichtweisen.
Und auch wenn man es nicht fassen mag, ein kleiner Teil in uns strebt immer nach Veränderung oder auch Innovation – sei es das gesund werden, sich mit anderen Themen befassen oder einfach nur spüren: Das macht was mit mir, diese ganze “Krebs ist ein Arschloch Phase”, was kann daraus noch entstehen?
Eines ist mir als krebskranker Mensch in den letzten Monaten deutlicher denn je geworden: Nichts ändert sich so schnell wie das Leben selbst. Aber ich stehe mit meinen Gedanken immer noch an Steuerrad, auch an diesen miesen Tagen nach jeder Chemotherapie und ich will meine Selbstwirksamkeit und die Zukünfte spüren, die im Nichtwissen und im Möglichkeitsraum liegen könnten. Daran werde ich mich auch in den nächsten Tagen immer wieder selbst erinnern.
Eure Alu
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