In der Uckermark zu Gast
Nun bin ich bereits viele Tage in der Nordwest-Uckermark zu
Gast. Der Frühling kommt auf.
seine Verhältnisse überheizt er nahezu. Dank seiner Tricks wird mir, trotz
kalter Nächte, nie wirklich kalt.
Das Einzige, was mich an mein Leben in der Stadt erinnert, sind die Anrufe. Wenn ich
Glück habe täglich! Dann spreche ich mit
der Parallelwelt – meiner Familie. Ich weiß, dass es anstrengend ist für meine
Frau und teilweise einseitig für die Kinder. Ich höre Ihnen gerne zu. Für
meinen Teil kann ich wenig berichten. Manchmal sind wir zum Essen zu Nachbarn
im Dorf geladen. Das sind dann auch Zugezogene. Denn der Landstrich
prosperiert. Es gibt, auch Dank der aktiven Urbevölkerung und verschiedener
Urlaubsunterkünfte (Hotel, Campingplatz und Bungalow-Dorf), eine gewisse
Bekanntheit.
Da ist der See
bei meinen täglichen Spaziergängen sehen. Kein grüner Baum versperrt mir die Sicht. Doch es wird langsam eng, die Knospen springen auf. Dabei sitze ich am Schreibtisch und schreibe.
Ich komme gut voran. Meine Pausen sind die Eckmahlzeiten Früh und Abends, wenn die Schatten länger werden.
Gewissen drückt, tut es mir leid.
Geschichten. Hier kann ich das, das Zuhören und Schreiben. Von den
NS-Verstrickungen von 1930 bis heute, vom Timmendorfer Strand, von dem sozialen
Brennpunkt in Kreuzberg und von der Familie. Es sind einige unserer Themen. Wenn ich
fahre, werden wir mitbekommen wie wenig wir doch geredet haben. Mit dem
Schreiben bin ich gerade in der Spätkaiserzeit. Ein Blick zurück, ein Blick nach vorn.
Die Fliegen summen
ans Fenster. Wenn ich es aufdrücke stürzen sie ab und verstummen. Jetzt bekomme
ich eine Vorstellung wie das Sprichwort “…sterben wie die Fliegen” (o.ä.) zu verstehen sein könnte. Doch ihr massenhafter Tod, eigentlich im Herbst, hält hier bis zum Frühling. Hier ist
irgendwie alles wie immer länger. Auch besser? Hier sterben die Fliegen, noch
wie sie sollen. Zweimal im Jahr. Oh, du schöne Uckermark!
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