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Tagebuchbloggen am 5.April 2023 – Leben mit Krebs und Kindern #WMDEDGT

Die Schlafzimmertür geht auf, der Mann schaut rein. “Ich mache dann los zur Arbeit”, murmelt er. Ich habe gar nicht gemerkt, dass er aufgestanden war und frage noch zurück “Wie spät ist es?”, aber da schleicht er sich schon an den Kinderzimmern vorbei.

Diese Ferientage, wenn der Liebste nicht da ist, das sind die Tage, die mir Sorge bereiten. Heute ist der erste Mittwoch im Monat, vor 19 Uhr wird er nicht zurück sein, das kenne ich von seinem Job. Durch die Nebenwirkungen der Chemotherapie im Winter und durch meine neue Tablettentherapie bin ich sehr oft sehr müde, kraftlos und nicht immer gut gelaunt. Wenn man dann allein mit den Kindern ist, ist das wahnsinnig anstrengend.

Zu 9 Uhr stehen wir alle auf. Die Jüngste hat derzeit eine Mittelohrentzündung und wirkt auch noch etwas “verpeilt”. Sie deckt aber trotzdem den Tisch und freut sich, als ich unten in der Küche ankomme. Ich vertröste meine kleine Küchenfee ein paar Minuten, denn leider muss ich nach einigen Medikamenten immer eine kleine Weile warten, bevor ich frühstücken kann. Ich ziehe mir also schnell meine Schuhe und Jacke an, setze mir Kopfhörer auf und laufe meine erste tägliche Runde.

Tagebuchbloggen am 5.April 2023 - Leben mit Krebs und Kindern

Als ich zurück bin frühstücken wir und schauen danach eine Serie auf Netflix. Der Teenager ist nicht da, der Mittlere verzieht sich zum Spielen in seine Höhle und so sind es nur noch die Jüngste und ich, die gemeinsam gucken. Irgendwann nicke ich ein. Das passiert mir sehr oft am Vormittag, denn die Medikamente, die es zum Frühstück dazu gab, machen oftmals Durchmarsch und Müdigkeit. Ich schlummere also weg, während die Jüngste im gleichen Raum bastelt und irgendwas singt.

Wach werde ich eine Stunde später von einem feuchten Kuss und einem spitzen Schrei. Ihr ist meine Teetasse umgekippt und natürlich stehen jetzt die Fernbedienungen, mein Handy und alle Papiere auf dem Tisch unter Wasser. Ich rufe nach dem Mittleren und sortiere mich erstmal. Gemeinsam bekommen wir die Lage in den Griff. Nach einem kleinen Zusammenbruch meinerseits tippe ich eine SMS an den Mann “Ich schaffe diese Tage derzeit nicht allein mit den Kindern” und setze mich dann auf um Mittag vorzubereiten. Für viele Menschen sind die alltäglichen Handgriffe kein Problem, aber meine Hände sind seit der Chemo oftmals taub und mir rutschen viele Dinge aus der Hand. Allein die Auflaufform mit geschnittenem Gemüse in den Ofen zu bekommen ist schon ein Kraftakt.

Nach dem Mittag macht der Mittlere die Spülmaschine und die Jüngere und ich quatschen etwas. Wir reden über Märchen und entscheiden uns dann für die ZDF Verfilmung von “Die Schöne und das Biest”, der allerdings gruselig ist und immer wieder gestoppt werden muss.

Immer wieder mal schreibe ich mit dem Mann, der Teenager ist noch nicht zurück und langsam könnte ich hier etwas Unterstützung gebrauchen. Nach dem Film basteln wir. Vor zwei Tagen haben wir Plätzchen gebacken, diese werden nun verpackt und Ostermäßig aufgehübscht. Das Ganze dauert zwei Stunden, ist aber niedlich und ich bin stolz auf die Jüngste. Nach einigen Toilettenattacken meinerseits, geht das jüngste Kind zu den Nachbarn im Garten spielen und ich laufe noch eine kleine Runde. Ich laufe jeden Tag 10.000 Schritte seit meiner Diagnose und merke auch oft, es muss sein – für den Kopf und die Nerven-. Als ich zurück komme, erledige ich noch den Plastikmüll, treibe den Sohn zur erneuten Spülmaschinenarbeit an und schreibe dem Mann, dass der Teen noch nicht da ist. Es ist jetzt 18 Uhr.

Zu 18.40 Uhr kommt dann auch dieses Kind nach Hause. Wir diskutieren über die Definition von “Nachmittags”. Ich füttere die Kinder mit Resten vom Mittag und versuche dann Brot zu schneiden. Leider geht das nicht mit den Händen und so setze ich mich hungrig aufs Sofa und warte auf den zweiten Erwachsenen in diesem Haushalt. Zu 19.30 Uhr geht die Tür und der Mann kommt heim. Er schneidet Brot, kocht Tee und erzählt etwas. Danach verabreden wir uns an unserem zweitliebsten Platz, dem Bett!

Da bin ich jetzt auch angekommen, schreibe noch etwas und trinke Tee. Mir tut mein Bauch von den ganzen Medikamenten weh und ich fühle mich, als hätte ich eine riesige Wanderung unternommen, dabei war ich einfach nur mit meinen Kindern einen Tag allein Zuhause. Die Erkenntnis des Tages also mal wieder: Geht zur Früherkennung, diesen Mist hier, den wollt ihr garantiert nicht mitnehmen im Leben!

Eure Alu

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2 Comments

  • PaulineM
    6. April 2023 at 11:04

    Ich wünsche ganz viel Kraft für diesen Kampf, Ihnen, dem Mann und auch den Kindern, an denen das sicher auch nicht spurlos vorbei geht. Mit Kindern stelle ich mir eine Krebsdiagnose noch sehr viel schlimmer vor. Ich war bei meiner Diagnose schon 63, meine Tochter war erwachsen und der Krebs wurde früh entdeckt. Keine Chemo, nur OP, Bestrahlung und Medikamente, die ich aber gut vertrage. Das Leben verteilt die guten und schlechten Dinge leider nicht gerecht. Gute Besserung und allen schöne Ostertage.

  • Miriam
    7. April 2023 at 15:29

    Liebe Alu, ich verfolge seit einiger Zeit regelmäßig euren Blog und kann nur meinen Hut ziehen..ich habe grössten Respekt vor dem was du und deine Familie leistet… manchmal meckert man ja so über Arbeit, Alltag die Kinder aber das kann man überhaupt nicht damit vergleichen, das sage ich mir dann immer wenn ich das von dir lese..ich wünsche dir und deinen Lieben sehr viel Kraft und vor allem schöne Ostertage werde schnell gesund ( das ihr euch eine kleine Auszeit nehmen könnt) .. alles Gute Miriam
    ich freue mich wieder von euch zu lesen..

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