Grossekoepfe.de | Ein Elternblog mit Ihrer und Seiner Sicht aus Berlin!
Schulkind

Wenn die Buchstaben zu Tränen führen M-A-M-A #Coronatagebuch

Heute war ein harter Tag für den Sohn und mich. Wir haben uns so schlimm gestritten, dass am Ende des Tages Tränen geflossen sind und das auf beiden Seiten. Es war meine Schuld das dies so eskalierte und deshalb liege ich jetzt auch hier um 1.30 Uhr und kann nicht einschlafen.Wie so oft in diesen Tagen ging es in unserem Streit um das eine Thema: die Schulaufgaben und das Schreiben. Für den Sohn ist jeder Buchstabe ein Kampf. A bis Z sind keine Freunde von ihm. Diese Wörter und Sätze die man lesen und schreiben soll, für ihn sind sie schwer und unnötig. Bereits von Beginn an machen seine Finger nun mal nicht das was sie sollen. Einfach eine Gabel halten, Lego Steine dicht zusammendrücken, oder eben einen Stift halten so fest und so dicht, dass ein Buchstabe daraus fließen kann – alles ist schwierig. Für ihn fließt da nichts, außer Wut und Tränen.

Wenn er mit seinem Namen nur die Urlaubspost unterschreiben soll, dann bedeutet das Kampf und Gemecker. So viel und so lautes Gemecker, dass ich inzwischen alle Post allein erledige.

MAMA_Tränen_Text

Der Kopf in den Wolken – der Körper auf der Erde

Überall wo sein Kopf schnell ist, da sind seine Finger langsam. Neulich las ich, dass sich sein Gehirn anfühlen müsse wie eine Achterbahnfahrt. Seine Redefluss bestätigt dies. Anscheinend sind die Hände die Bremse, damit er nicht aus der Kurve fliegt.

Für mich ist das manchmal sehr schwer. Ich komme aus einer Familie in der Buchstaben geliebt werden. Lesen und auch selbst schreiben liebten alle. Buchstaben finden und Wörter sammeln, all das habe ich erlebt und noch immer drücke ich meine Sprachliebe aus. Und dann ist da dieses Kind. Stur wie ein Esel und schnell wie ein Gepard. Drehe ich mich weg, im Home-Schooling, dann ist er entweder verschwunden oder tut etwas ganz anderes. Sein “Drückebergertum” ist diagnostiziert und ausgeprägt, zu meiner Qual und zu seiner Freude.

Ein warmes Herz

Bereits letzte Woche hatte seine Lehrerin mit ihm extra Unterricht durchgeführt, gemeinsam malten sie Bögen aufs Papier. Ich hatte sie darum gebeten. Ich hatte einfach keine Kraft mehr für diese Streitereien rund um das ABC.

Heute ging es also um drei Worte. Nur drei Worte sollte er aufschreiben: Sonne, Regen und Wind und was haben wir gestritten. Nicht nur über die Schreibweise, auch über den Sinn und Unsinn von Buchstaben. Über Zeichnungen statt schreiben, über jedes N und jedes W extra. Am Ende war ich müde und ratlos. Wie würde ich dieses Dilemma auflösen? Wie soll das gehen? Home-Schooling für viele Kinder kein Problem, für uns hier ein großes.

M-A-M-A so wenige Buchstaben für so viel Streitereien

In meiner Wut fragte ich ihn irgendwann: “Werde ich niemals ein Brief mit „Mama“ bekommen?”, und dann weinten wir beide ein bisschen vor Wut über die Buchstaben und das Lernen, unsere Liebe und überhaupt. Wir haben so doll gestritten, dass ich nachts hier liege und nicht schlafen kann.

Ich liege wach und suche im Internet nach gebrauchten Schreibmaschinen. Vielleicht wird es ja so für ihn gehen. Vielleicht funktioniert das leichte Tippen und dann eben Wort für Wort. Vielleicht folgt die Maschine dem schnellen Kopf des Sohnes nach, der so viel zu sagen hat und dessen Finger noch immer zu langsam sind. Vielleicht ist das ein Weg oder vielleicht auch nicht. Ich weiß nur, manche Sorgen bleiben: mit und ohne Corona.

Alu

Der ungewollte Sohn #Nixklusion

You Might Also Like...

13 Comments

  • Sabine
    3. April 2020 at 11:36

    Hey, wenn Euer Sohne eine Diagnose hat, ist es dann nicht möglich, dass er zur Unterstützung tatsächlich Technik einsetzt? Also auf ner Tastatur schreibt? Wäre das nicht als Nachteilsausgleich möglich? Wenn er sich damit leichter tut, könnte das doch tatsächlich nen Knopf lösen?

  • Nadine
    3. April 2020 at 21:10

    Liebe Alu,

    kannst du nicht evtl. mit der Lehrerin klären, ob ihr die Schreibübungen aussetzen könnt oder sie ihm halt regelmäßig Fernunterricht gibt?
    Denn in dieser, für alle gerade schwierigen Zeit ist es wichtig, dass die Eltern-Kind-Beziehung nicht unnötig belastet wird!
    Wir haben hier zu Hause auch zusammen festgelegt, dass wir jeden Tag nur ca. 1h Schulaufgaben machen und dafür halt auch was in den Ferien…

    Und die meisten Eltern sind keine Pädagogen*innen, von daher sollte auch gar nicht von uns erwartet werden, dass wir unseren Kindern schwierigen (im Sinne von für unser Kind schwierig) Lernstoff beibringen.

    Kommt gut durch die Zeit und bleibt gesund!

  • Alu und Konsti
    3. April 2020 at 21:13

    Hallo, das haben wir schon gemacht und sie macht das auch super und sehr passend. lg Alu

  • Alu und Konsti
    3. April 2020 at 21:13

    Ich überlege inwieweit das möglich ist. lg Alu

  • Jessika
    3. April 2020 at 22:09

    Was für ein harter Tag. Und am Ende ist man enttäuscht von sich selbst,dass man es nicht besser hinbekommen hat…es stehen so viele Gefühle im Raum und man kann manchmal einfach nicht mehr. Ich wünsche euch,dass die nächsten Tage besser werden und du nicht zu hart mit dir selbst bist. Eure Liebe zueinander ist größer als der Buchstabenfrust. Ich wünsche euch,dass ihr einen guten Weg damit findet…

  • Alex
    4. April 2020 at 05:46

    Guten Morgen,
    vielleicht ist es hilfreich wenn das Schreibgerät gewechselt wird.
    Mit dem Finger direkt auf ein Tablet oder in den Sand schreiben.
    Buchstaben stempeln oder am Pc schreiben, hier könnte man mit Spracheingabe Texte evtl formulieren.
    Hier ging es um andere Dinge im homeschooling, die hatten mich nachts auch wach gehalten. Wir änderten eine Winzigkeit im Ablauf und der Zustand entspannte sich. Sehr befreiend!
    Ich bin mir sicher irgendwann findet ihr auch etwas das es leichter wird.
    LG Alex

  • Barbara
    4. April 2020 at 06:06

    Ich kenne das gut von meinen beiden Großen. Es ist nicht so ausgeprägt aber es war eine harte Zeit, bis sie schrieben und es ist bis heute nur schwer lesbar und es wird um jedes Wort, jede Zeile diskutiert. Der Gatte versteht sie besser, er hat(te) das auch. Wir erleben jetzt beim Dritten wie es sich anfühlt, wenn ein Kind einfach nur schreiben lernt. Ich kenne es aus meinen Beruf inzwischen und durch meine Kinder bin ich da viel gelassener geworden. Wir suchen mit den Eltern den Weg zum Schreiben, der fürs Kind funktioniert…meistens.

  • Petra Noltensmeier
    4. April 2020 at 10:46

    Hallo …
    holt euch Unterstützung! Es gibt verschiedene Möglichkeiten deinem Sohn zu helfen. Allerdings muss genau geschaut werden, woran die Problematik liegt und dann ein individuelles Training zusammengestellt werden. Probleme mit der Feinmotorik können unterschiedliche Ursachen haben. Somit ist die Förderung dann auf dein Kind speziell abzustimmen. Oft gibt es einen Zusammenhang zwischen Auffälligkeiten der Feinmotorik und LRS… Auch wenn es die Möglichkeit geben sollte, dass er den Computer benutzen dürfte, sollte er individuell gefördert werden. Wobei ich einen – wenigstens vorübergehenden -Nachteilsausgleich befürworten würde. Als Mama ist man am Anfang zu nah, da ist eine “fremde Person” oft hilfreicher, um das Kind anzuleiten. Natürlich mit dem Ziel, Mama und Kind zu unterstützen, zu Hause ohne Probleme und Druck miteinander zu “arbeiten”.
    Es sollte jemand sein, der/ die das Thema Lernen, Fein- und Graphomotorik genauso im Blick hat wie Wahrnehmung. Und… es braucht seine Zeit! Viel Erfolg und bleibt gesund 🌞

  • Gerda Mahler
    5. April 2020 at 21:27

    Hallo, das liest sich schon ganz schrecklich. Wie viel schrecklicher muss es in der Realität gewesen sein. Das tut mir leid, aber du wirst seheen, dass ist schnell wieder vergessen ist.
    Wenn du von einer Fremden einen Rat annehmen möchtest: Ich glaube, dass es allen Beteiligten guttun würde, wenn hier jemand Fremdes, jemand Professionelles hilft.

    Grüße
    Gerda

  • Alu und Konsti
    5. April 2020 at 21:40

    Hallo Gerda, unser Sohn erhält bereits Unterstützung auf vielen Ebenen durch “fremde” Personen und Therapien, im Home-Schooling sind diese aber nicht dabei.

  • KW
    15. Dezember 2020 at 15:33

    Ihr habt mich gerade 5Jahre zurück gebeamt. Zu meinem Sohn.
    Kein Strich alleine, jeder Strich ein Kampf.
    Obwohl/weil sprachlich begabt.
    Feinmotorik grauenhaft. Bis heute, egal was wir probierten.
    Als ich ihm angeboten hab, den Aufsatz auf dem Tablet zu tippen, hat er ihn diktiert 😉 Digital native.
    Mittlerweile suche ich für ihn gezielt digitale Medien zur Förderung. Aufmerksamkeit, Reaktionsvermögen, Feinmotorik und Wahnehmung lassen sich auch (auch!, nicht nur) beim Daddeln üben.
    Nicht ideal, aber effizienter, weil weniger Kampf und daher mehr Ergebnis. Passt für unsere Familie so. Ich weiß aber auch, dass es nicht für jeden ok ist.
    Es wird besser, aber es dauert…

  • Leo
    29. Januar 2021 at 14:13

    Liebe Alu,
    vielleicht wäre der besondere Füller von der Fa. Müller etwas für ihn? Mein Tochter hat ihn von ihrer LRS-Therapeutin empfohlen und zur Verfügung bekommen und irgendwann haben wir ihn dann auch gekauft. Frag mich nicht aber er isr so schwer und wird extra individuell mit Gewicht beladen und dabei sortiert sich alles in Ruhe im Kopf weil man langsamer schreibt…..so oder so ähnlich wurde es mir erklärt.
    Lg Leo

  • Du wirst geliebt und wächst mir über den Kopf
    14. Dezember 2023 at 06:05

    […] Spontane Änderungen? Eine totale Herausforderung. Zu meinem Geburtstag wünsche ich mir von dir meistens ein paar Zeilen. Ich weiß, wie schwer dir jede Zeile fällt. Du magst kein Schreiben. Die Stifthaltung und auch das […]

Leave a Reply