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Elternleben Kindergartenkind

Eine Bekannte von früher – eine Unbekannte von heute.

Ich will einfach nur, dass sie glücklich ist.

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Unterwegs mit Kind

 

Ich warte am langsamsten Fahrstuhl der Nation auf die
Erlösung. K2 drückt stetig auf den Fahrstuhlknopf, K3 weint im Kinderwagen da
tippt mich jemand von hinten an. „Hallo Alu, schön dich zu sehen.“ Ich kenne
diese Stimme und habe sie viele Jahre nicht gehört. Genauer gesagt denke ich,
dass ich sie seit meinem Schulabschluss vor 16 Jahren nicht mehr gehört habe.
Ein Wiedersehen nach vielen Jahren hat immer ein wenig befremdliche Züge, finde
ich. Ich drehe mich um, hinter mir steht eine gutgekleidete junge Frau die mich
entfernt an eine Mitschülerin erinnert mit dem Namen N. „Hallo N. was machst du
denn hier?“

Ehrlich gesagt finde ich selbst diese Frage ziemlich bescheuert,
denn 1. Die Antwort was sie hier am langsamsten Fahrstuhl der Welt sucht, würde
mich nur semi interessieren und 2. Wir sind beide Berliner und sind am
Alexanderplatz, was kann man hier schon wollen? „Sind das zwei von deinen drei
Kindern?“, fragt mich N. und vielleicht fällt ihr auch auf, dass diese Frage
auch nicht besonders geistreich ist, denn sie runzelt selbst die Stirn. „Ja,
das sind zwei von denen.“ Ich versuche krampfhaft zu überlegen ob N. vielleicht
auch Kinder hat und mir das irgendwer erzählt haben könnte, aber sie
beantwortet sich meine Frage von selbst. „Das ist dann also K1, das große Kind
wie du es auf dem Blog immer beschreibst?“ Mhhhm, ich überlege ob sich eine
ernstgemeinte Antwort hier wirklich lohnt. K1 ist zehn Jahre alt, hat lange
blaue Haare und ist unverkennbar ein Mädchen. K2 jedoch, der immer noch auf den
Fahrstuhlknopf drückt und damit langsam alle Anwesenden nervt, ist 6 Jahre alt,
sieht eher aus wie ein kleiner Sportfreak und nun ja, ist ungefähr 30 cm
kleiner als übliche 10 Jährige. „Nein, das sind mein Sohn und meine kleinste
Tochter, also K2 und K3. Du hast keine Kinder?“

Du hast keine Kinder? Dämliche Frage.

N. schaut mich an und lächelt
ein wenig „Nein, ich will erst die Karriere voranbringen und dann kommen die
Kinder. Ich pendele zwischen München und Berlin, habe inzwischen in die riesige
Firma XY gewechselt und hätte gar keine Zeit für Kinder, so wie du das gemacht
hast. Ich reise viel und will meine Freiheiten geniessen.“ In diesem Moment
liegen mir wieder sehr viele Erläuterungen auf der Zunge.

Ich möchte ihr sagen.

Ich möchte dieser zukünftigen Topmanagerin gern
entgegenschleudern, dass sich Kinder und Karriere nicht ausschließen, das viele
Frauen die ich kenne (mich eingeschlossen) sogar beides haben, dass Kinder
nicht in Zeit aufzuwiegen sind, dass man bei der richtigen Partnerwahl sogar
wieder direkt an den Schreibtisch kann (wenn man es möchte). Ich möchte ihr
sagen, dass Kinder keine eingeschränkten Freiheiten bedeuten, dass man auch mit
Kindern viel reisen kann (ich kenne so viele Eltern die ständig mit ihren
Kindern auf dem Globus unterwegs sind). Ich möchte ihr sagen, dass sie keine
Scheu haben braucht vor all dem hier und vor Augenringen im Pandalook und vor
ungeraden Lebensläufen. Ich möchte ihr Bücher zu dem Thema empfehlen und Blogs
und überhaupt möchte ich ihr sagen: Hab keine Angst. Ich möchte ihr all das
sagen und lasse es dennoch. Ich will keine Rechtfertigungen für mein, oder ihr
Leben. Ich weiß nicht warum sie keine Kinder hat, haben kann, haben möchte? Ich
kenne diese kinderlose Frau nicht und ich hoffe einfach nur, dass sie glücklich
ist.

Egal ob Kinder oder nicht. Hauptsache zufrieden.

Ich sage einfach „Ich verstehe, dann alles Gute für die
Zukunft“ und steige dann in den angekommenen Fahrstuhl ein. Auf dem Weg nach
unten winken K2 und ich ihr nochmal zu. „Wer war das Mama?“, fragt mich K2 der
inzwischen den Stationsknopf im Fahrstuhl gedrückt hält. „Eine Bekannte von
früher“, sage ich und spüre im selben Augenblick wie gut ich auch sagen könnte
„Eine Unbekannte von heute.“

 

Alu

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8 Comments

  • JesS von feierSun.de
    7. März 2017 at 08:01

    Hach Alu, ich hab einige solcher unbekannten Bekannten…. aber das ist auch ok. Menschen verändern sich und jeder geht seinen Weg. In seine Richtung. Aber ja, manchmal scheint es irgendwie skurril, dass man sich mal (so) gut kannte.Besonders bewusst wird es mir immer bei Besuchen in der Heimat. Menschen die ich mal kannte und nun nicht mehr kenne. Die ich sehe und manchmal, manchmal rennen wir dann sogar aneinander vorbei… Auf die unbekannten Bekannten.

  • Anonym
    7. März 2017 at 08:08

    Toller Text, vielen Dank! 🙂

  • Sari
    7. März 2017 at 10:37

    Das kommt mir so bekannt vor. Dieses Gefühl …irgendwie…ja.

  • Anonym
    7. März 2017 at 13:52

    Du musst nicht verstehen, dass sie Karriere machen will und sie muss nicht wissen, wie groß Kinder wann sind. Ich würde so nen Post nicht gerne über mich lesen. Tja.

  • Dani
    7. März 2017 at 22:23

    Ich bin kinderlos. Nicht wegen der Karriere oder sonst was. Ich habe es einfach für mich so entschieden. Dein Post hört sich so an als ob das was schlechtes ist, dass alle Frauen immer Kinder wollen und das alle kinderlosen Frauen einfach nicht den Dreh raus haben. Fast hört es sich nach Mitleid an. Aber gut. Wenn ich deswegen für irgendjemanden eine unbekannte Bekannte bin – tja. So what.Liebste Grüße Dani (die manchmal Mitleid mit den Müttern schreiender Kinder an der Kasse hat)

  • Indre Z.
    8. März 2017 at 05:30

    Mmh. Stimmt das wirklich, dass sich Kind(er) und Karriere so gut vereinbaren/machen lassen? Ich meine nicht, selbst mit einem Partner, der die Hälfte der "Care-Arbeit" übernimmt. Wenn frau* Karriere machen, also Führungspositionen besetzen will, ist es m.E. ohne Kinder und Care m.E. doch "leichter" – oder zumindest weniger stressig.

  • alu
    8. März 2017 at 12:27

    Also im Text schreibe ich nicht, dass ich Mitleid habe, oder sonstiges. Ich beschreibe die Möglichkeit verschiedener Wege und halte deswegen auch die Klappe, denn "Ich weiß nicht warum diese Frau keine Kinder hat, haben möchte…" usw. Meine besten FreundInnen sind kinderlos und es bereichert mich jeden Tag. Alu

  • alu
    8. März 2017 at 12:30

    Nein, einfach ist es nicht, aber ich gehe vom Besten aus. lg an Dich

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