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Elternleben

Fremdbestimmt #Coronatagebuch

Heute früh wurde ich um 5.50 Uhr geweckt. Das kleinste Kind ruft aus seinem Zimmer „pullern“ und zwei Eltern stehen sofort im Bett und wackeln mit dem Kleinkind zur Toilette. 5.55 Uhr fallen wir zu dritt nochmal in unser Bett und erst gegen 8 Uhr weckt uns das kleinste Kind erneut und murmelt was von „Kakao. Fernsehen“ und zwei wuschelige Eltern murmeln “Kaffee” und suchen ihre Hausschuhe.Woche sieben von Corona bricht nun an und obwohl wir etliche Routinen innerhalb der Familie entwickeln konnten, so gibt es doch eine ganz bestimmte Sache, die mir heute einfach massiv aufgefallen ist.

Ich bin zurück in einer kompletten Fremdbestimmtheit.

Ich meine das im übrigen überhaupt nicht bezogen auf die Politik (wir befürworten weiterhin die Maßnahmen und halten uns auch daran), sondern ganz klar bezogen auf die Kinder. Da hat man sich nach drei Kindern ganz, ganz langsam seine eigenen Freiheiten zurückerobert und dann das:

Ich konnte doch morgens schon mal alle Kinder (an den guten, den gesunden Tagen) in den Einrichtungen abgeben, verabschiedete sie mit Küsschen und dann, dann folgte: das kleine bisschen Freiheit!

Ich konnte selbst entscheiden wie schnell ich gehe, oder was für ein Heiß – Getränk ich zu mir nehmen möchte. Ich war allein auf Klo in diesen unbestimmten Stunden des Glücks (manchmal bin ich nur deswegen zur Uni gefahren) und ich konnte MEINE MUSIK hören. Ich meine nach vielen Jahren schrecklicher Kindermusik in Dauerschleife, ist es ja schon schwer genug herauszufinden was für Musik man selbst eigentlich am liebsten hören möchte. Dann auch noch hinzubekommen, dass die eigenen Streaming Konten nicht ständig auf “Volker Rosin” oder “die besten Titel von Disney” umswitchen, das kostet Zeit und Nerven.

Coronatagebuch_Verlust meiner Freiheit

Ich hatte mir also die ganzen Freiheiten zurückerobert, mich sogar ab und zu dabei erwischt mich am Abend mal mit Freundinnen zu verabreden und dann, dann kam Corona.

Seit nunmehr sechs Wochen ist alles anders. Meine Streamingdienste spielen wieder alle “Disney Hits” gemischt mit den diversen “Bibi und Tina Soundtracks”. Meine Getränke werden nun wieder ständig kalt, denn irgendwer ruft eigentlich immer meinen Namen und auf dem Klo war ich seit sechs Wochen nicht mehr allein. Meine kleinen “Ich-Zeiten” wurden von “Ganztagsverantwortung”abgelöst und ich fühle mich sehr oft an all die Elternzeiten mit allen drei Kindern erinnert.

Diese Zeit, sie ist so anstrengend, aber eben auch magisch #CoronaEltern

Die Kinder haben in diesen Wochen, alle irgendwie riesige Sprünge gemacht. Die Kleine hat sich den Nuckel abgewöhnt, der Mittlere kann nun ein kleines Pixi Buch vorlesen, die große Tochter fährt wesentlich sicherer Fahrrad als vorher und vieles mehr.

Sicher, die Kinder haben auch ihre Kummer- Corona- Tage und fragen nach „dem Ende von Corona“ aber irgendwie sind sie dann doch mit ihren Geschwistern zufrieden und drücken die Musiktaste mit Bibi und Tina einfach nochmal von vorn.Ich hingegen wurde heute Morgen (auf dem Klo, das kleine Kind stand vor mir) hart von meiner Erkenntnis getroffen.

Die erkämpfte Freiheit “Ich-Zeit” ohne die Kinder dieser Frau und Mutter sind gerade auf Null gesetzt.

Während der Vater wenigstens nochmal zwei Tage die Woche ins Büro (und hört auf dem Weg eigene Musik oder trinkt warmen Kaffee aus seinem Kaffeebecher!) fährt, bieten sich mir Auszeiten in Form von „Einkauf von Lebensmitteln“ (öde und wirklich gerade kein Spaß. Ich fühle mich immer an Zombiefilme erinnert) oder „Waldspaziergängen“ (bei denen ständig ein Kind mit will und meine Freundinnen haben auch zu viele Kinder daheim), defakto sind sie also nicht vorhanden. Zeit für mich ist das höchste Gut und wie neulich schon mit anderen Müttern online ausgeführt:

Ich werde irgendwann nach Corona allein ans Meer fahren und dann dort einfach nur aufs Meer starren. Der Wind soll durch meine Haare fegen und Sand soll durch meine Finger rieseln. Ich halte einen warmen Kaffee in meiner Hand und niemand drückt auf die “Play” Taste meiner Musikbox.

Wahrscheinlich muss ich die „Ich-Zeit“ nach Corona aber auch erst wieder neu erlernen, ein bisschen so wie nach meinen Elternzeiten. Da habe ich nämlich auch ständig nach „Zeit allein“ und „Ich- Freiheit“ gerufen und war dann immer nach spätestens 90 Minuten zurück zu Hause, da ich meine Kinder so sehr vermisst habe.

Na toll, das kann ja was werden.

Alu

Ich_vermisse_Zeit_fuer_mich_allein

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1 Comment

  • Barbara
    30. April 2020 at 13:41

    Danke! Ich fühl mich total verstanden. Fühl dich ganz fest gedrückt – mir geht’s genauso.
    Meine drei Kinder sind 2×5 und 1×7 Jahre alt. Und auf einmal bin ich rund um die Uhr nur noch “Mama” und total fremdbestimmt. Ich bin sogar eifersüchtig auf meinen Mann der hin und wieder zum arbeiten außer Haus “darf”.
    Völlig verrückt!

    Wenn das alles vorbei is freu ich mich drauf einen ganzen Vormittag mal nix zu machen als meine Kaffeetasse festzuhalten und Löcher in die Luft zu starren… Das wird herrlich!
    LG, Barbara

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