Grossekoepfe.de | Ein Elternblog mit Ihrer und Seiner Sicht aus Berlin!
Schulkind

Kein Kind sollte hungrig in der Schule sitzen müssen #GegenKinderarmut

7:15 Uhr ich stehe in der Küche und schmiere Brote. Ein Kind mag nur Margarine, das andere möchte jeden Tag Salami essen. Ich schmiere und schmiere Boxen für alle meine Kinder, denn ich möchte nicht, dass sie hungrig in der Schule sitzen. „Mama, kannst du mir heute noch ein paar Brote mehr geben?“ Ich schmiere mehr Brote und freue mich, dass meine 0815 Brote gut ankommen. „Kannst du die Brote in eine weitere Dose packen?“, fragt das Kind und ich packe die Brote in eine andere Dose und soll auch noch einen Apfel und einen Fruchtriegel einpacken. „Für wen packe ich die Dose?“, frage ich und das Kind erzählt mir „dass einige Kinder keine Brote dabei haben, jeden Tag.”

Kein Kind sollte hungrig in der Schule sitzen

Kein Kind sollte hungrig in der Schule sitzen

Die Kinder denen die Brote fehlen, müssen in der langen Frühstückspause um 9.45 Uhr nach vorne gehen und sagen, dass sie keine Brote dabei haben und fragen wer mit ihnen teilen möchte.

Mir ist ein wenig übel, denn ich möchte gar nicht wissen wie schlimm das für die Kinder sein muss, die nach vorne gehen und  nach Frühstück fragen müssen.

Hungern in der Schule

 

Ich schmiere und schmiere

Ich schmiere ab diesem Tag noch mehr Brote, zwei Dosen mehr jeden Tag. Ich möchte nicht, dass ein Kind vorne stehen muss um nach Essen zu fragen, ich möchte das nicht.

Beim Elterntag spreche ich mit der Lehrerin. Ich sage ihr, „dass ich das nicht leiden kann dieses vorführen, dieses zeigen auf Armut oder ein mögliches Unversagen der Eltern“  und sie hört zu. Sie sieht den Moment zum Frühstück jedoch als Motivation, dieses nach vorne gehen. Sie sieht es als Aufruf zum Teilen, als Ansporn für die Eltern selbst Brote zu schmieren.

Ich kann das sogar nachvollziehen irgendwie, aber verstehen kann ich es nicht. Wie muss sich das anfühlen für ein Kind und welche Gefühle wird es wohl seinen Eltern gegenüber nach Hause tragen? Wut? Trauer? Unvermögen?

Brotdose Kinder Hungern

Schaut nicht weg

Ich rede mit einer anderen Mutter darüber und wir schmieren mehr Brote eine Zeit lang einfach so. Die Kinder müssen nicht mehr nach vorne gehen, denn es gibt nun genug Brote für alle und es wird fleißig getauscht innerhalb der Klasse. Dinkelstangen gegen Schinkenbrote, Käseschnecken gegen Obst. Eines Morgens sagt mir das Kind jedoch, dass ich keine extra Brote mehr machen muss.

Lasst uns nicht wegschauen #Kinderarmut #DieArche braucht unsere Hilfe #Coronatagebuch

Das Mädchen sei weggezogen.

Auf Nachfrage erhalte ich von anderen Eltern die Auskunft, dass die Mutter mit ihrem Kind seit den Ferien umgezogen sei. Die Wohnungen hier im Bezirk seien zu teuer geworden, sie hätten nun eine Wohnung am Stadtrand, irgendwo draußen.

Ich schlucke und dann schmiere ich weiter Brote. Ich schmiere Brote für meine Kinder die nicht hungrig in der Schule sitzen müssen und ich schmiere auch Brote für andere Menschen wenn ihr welche braucht.

Es sind genug Brote für alle da, kein Kind sollte hungrig in der Schule sitzen müssen. KEINES und wer das erkannt hat, der weiß wie teilen geht (und nein, ich rede nicht davon, dass ihr jetzt alle Brote schmieren sollt).

Wir sehen uns am Samstag.

#GegenKinderarmut

Alu

Armut von Kindern_Brote

 

You Might Also Like...

14 Comments

  • M
    10. Mai 2018 at 09:28

    So wahr. Und so traurig.
    Aus aehnlichen Gruenden gibt es bei uns in der Schule jetzt fuer alle Kinder das Mittagessen umsonst, um die Stigmatisierung zu vermeiden (vorher musste sich eine Marke im Sekretariat abgeholt werden).

  • Olga
    10. Mai 2018 at 09:55

    Ich bin ganz bei dir und finde es erschreckend, dass es heutzutage immer noch solch eine Ungerechtigkeit herrscht

  • Irene
    10. Mai 2018 at 14:56

    Meine Grosse (11, 5. Klasse) nimmt auch oft etwas für eine Freundin mit. Oder teilt ihr (Schul-)Mittagessen, das eigentlich nur 1 Euro kostet für Kinder mit Sozialpass, dass das Kind aber nicht zahlen kann, obwohl es verpflichtend ist in der Ganztagsschule. Sie tauscht auch manchmal ihr (teures) Vollkornbrot gegen das ungesunde weiße Toastbrot weil ich das nicht kaufe und ihre Freundin Vollkornbrot lieber mag.

    Ich finde das furchtbar. Auch, dass ihre Freundin zuhause ganz viele Aufgaben hat und fast nie weg darf weil die Mutter allein und sehr krank ist und arbeitsunfähig.

  • Julie Paradise
    11. Mai 2018 at 09:18

    Bei uns war es auch so, mit Vorgehen und Fragen. Ich habe mich dann dafür eingesetzt, dass das unauffälliger gehandhabt wird, denn wie Du schon schreibst, es muss beschämend sein für die Kinder.

    Für den nachmittäglichen Hortbereich haben wir einfach — mit Nennung des allgemeiner gehaltenen Grundes, dass “bei manchen Kindern die Brote nicht reichen und alle gern nachmittags knabbern” erreicht, dass jetzt immer halbwegs gesundes Knabberzeug da ist wie Brezeln, Nüsse oder auch mal Äpfel.

  • Die #Freitagslieblinge am 11. Mai 2018 - KAMPF
    11. Mai 2018 at 13:17

    […] Da sitzt das Kind und will „meeehhh Eeeiss“ und wir sitzen da so und ich schaue ihr beim schlemmen zu. Was haben wir doch für ein Glück, für ein kleines zebrechliches und wunderschönes Glück. Wir können den Kindern ein Eis kaufen wenn sie es möchten und davon erzähle ich die Woche in einem… […]

  • Freitagslieblinge am 11. Mai - x-mal anders seinx-mal anders sein
    11. Mai 2018 at 15:51

    […] die Demo morgen, über geschmierte Brote, wie Kindertageseinrichtungen inklusiver werden können und warum Kinder aus der […]

  • Der Versuch: 1000 Fragen an mich selbst #18
    11. Mai 2018 at 21:59

    […] Kein Kind sollte hungrig in der Schule sitzen müssen #GegenKinderarmut […]

  • E.
    12. Mai 2018 at 11:08

    Liebe Alu, ich komme gerade via Frl. Read on. Wir selbst sind noch in der „heilen“ Kindergartenwelt, wo alle zusammen gemeinsam das allgemeine Kita-Frühstück bekommen. Dein Text hat mich wirklich zum Weinen gebracht. Das ist so bitter. Danke fürs Aufschreiben.

  • Die #12von12 am 12.Mai 2018 - Demo gegen Kinderarmut
    12. Mai 2018 at 21:09

    […] Kein Kind sollte hungrig in der Schule sitzen müssen #GegenKinderarmut […]

  • Harry
    14. Mai 2018 at 12:53

    Ein trauriger Bericht der zeigt das die Armut in Deutschland immer größer wird. Auch wenn wir keine Schulpflichtigen Kinder mehr haben begrüße ich dein Engagement und bewundere dich dafür.
    Meine Frau und ich werden bei einigen Schulen anfragen ob dort auch dieses Problem besteht bzw versuchen wir es irgendwie in Erfahrung zu bringen und sollte es so sein werden wir uns etwas überlegen um, zumindest bei uns in der Region, etwas dagegen zu tun. Wie du so schön geschrieben hast: Es sind genug Brote für alle da.
    Vielen Dank für die offenen aber traurigen Worte

  • Jessica
    14. Mai 2018 at 13:39

    Es ist so schrecklich wenn ich über das letzte Gespräch mit meiner Tochter nachdenke nachdem wir nach der Schule irre Streit hatten. Sie kam mit so schlechter Laune nach Hause und ich wusste nicht warum…. weil sie Hunger hatte und sie hatte nicht etwa Hunger weil ich ihr nichts eingepackt habe, sondern weil sie alles einem Mädchen gab, was erzählte das es kein Frühstück mit habe (hat sie selten) und auch am Vorabend nichts zu Essen bekam…. ja genau diese Tränen hatte ich dann auch in den Augen!
    Ich war plötzlich nicht mehr sauer über die üble Laune. Wir haben das leckerste aus dem Schrank geholt, was wir finden konnten und es gemeinsam gegessen und dabei hab ich ihr erklärt wie stolz ich auf die bin und das sie jeder Zeit etwas abgeben kann, aber vielleicht selber auch ein Bisschen behalten soll….

  • Sarah
    17. Mai 2018 at 23:09

    Jetzt sitze ic hier und weine nachdem ich deinen Beitrag gelesen habe. Danke liebe Alu fürs aufmerksam machen!

  • Alu und Konsti
    18. Mai 2018 at 14:33

    Danke dir fürs Lesen.

  • Julia Will
    11. Juni 2018 at 02:05

    Dass sich die Lehrerin das nicht denken kann, wie es sich für jemanden – ob groß oder klein, alt oder jung, völlig egal – anfühlen muss, vor versammelter Mannschaft um Essen zu bitten… Das erinnert mich an den Sportunterricht, wenn zwei Kinder auswählen sollten, wen sie in ihrem Team haben wollen. Wie soll sich wohl das zuletzt gewählte Kind fühlen? Manchmal begreife ich nicht, dass es manchen so schwer fällt, sich in andere hineinzuversetzen… Aber dir danke ich für deine aufmerksame Art und dein Engagement. Und für diesen Beitrag. Ich hab ihn mir sehr zu Herzen genommen <3
    Liebe Grüße
    Julia

Leave a Reply